ESL Diskussion

„Rettet die Frischmilch!

Frischmilch: Verbrauchertäuschung geht weiter!

Enttäuschendes Verhandlungsergebnis zwischen Bundesverbraucherschutzministerium, Milchwirtschaft und Handel: ESL-Milch darf weiter „Frischmilch“ heißen. Das ist das Ergebnis von Gesprächen am 3. Februar 2009. Wir meinen: Wenn Milch bis zu 24 Tage haltbar gemacht und zu diesem Zwecke entsprechend behandelt wird, dann kann sie nicht mehr frisch sein und darf nicht so bezeichnet werden. Doch dieser einfachen Logik wollten das Bundesministerium, die Milchindustrie und der Handel nicht folgen. Vereinbart wurde auf der Basis einer Selbstverpflichtung eine freiwillige Kennzeichnung der ESL-Milch mit dem Hinweis „länger haltbar“ und der pasteurisierten Frischmilch mit dem Zusatz „traditionell hergestellt“. Damit geht der schleichende Etikettenschwindel mit den verwirrenden Bezeichnungen weiter. ESL-Milch darf weiter frisch genannt werden, auch Fantasie-Namen wie „Maxifrisch“ sind laut Vereinbarung nicht untersagt. Bei der pasteurisierten Milch erweckt der Zusatz „traditionell“ den Eindruck, als hätte die Bäuerin noch selbst unter der Kuh gesessen und eigenhändig die Milchkannen befüllt. Welch eine realitätsferne und völlig überflüssige Deklaration!

Die Interessen der Verbraucher, pasteurisierte frische Milch auf den ersten Blick erkennen zu können, werden nur unzureichend berücksichtigt. Es wird keine wirkliche Transparenz am Kühlregal geschaffen. Die Verbraucherzentrale bleibt bei ihren Forderungen:

1. Es muss sichergestellt sein, dass Frischmilch weiter verfügbar ist.
2. Der Begriff „Frischmilch“ soll der üblichen pasteurisierten Milch vorbehalten bleiben.
3. Statt dieser laschen Selbstverpflichtung sollte die nationale Kennzeichnungsverordnung  geändert und für die ESL-Milch eine eigene Verkehrsbezeichnung gebildet werden“.

Der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen e.V. dagegen fehlt in der ganzen Diskussion um die ESL-Milch die Information über den Nährwert der Milch und ihren Stellenwert in einer ausgewogenen Ernährung. Auch diese Sachverhalte gehören ihrer Meinung nach zu einer umfassenden Verbraucheraufklärung.

ESL-Milch enthält genau wie klassisch pasteurisierte Milch („traditionell hergestellte“) biologisch hochwertiges Eiweiß, leicht verdauliches Milchfett sowie Vitamine und Mineralstoffe. Sie liefert nennenswerte Mengen an fettlöslichem Vitamin A sowie Vitamine der B-Gruppe. Besonders zu betonen ist das Vitamin B12, da es nur über tierische Produkte aufgenommen werden kann. Die Vitaminverluste aufgrund der höheren Erhitzungstemperatur von ESL-Milch (ca. 0 bis 10 % vom Ausgangswert) im Vergleich zu klassisch pasteurisierter Frischmilch (ca. 0 bis 5 % vom Ausgangswert) sind, vom ernährungswissenschaftlichen Standpunkt aus, fast zu vernachlässigen. Dies gilt ohnehin für die mikrofiltrierte ESL-Milch, die sich im Pasteurisierungsverfahren nicht von herkömmlicher Frischmilch unterscheidet.

Der entscheidende Wert der Milch für die menschliche Ernährung liegt nicht bei der Versorgung mit Vitaminen, sondern beim Gehalt des Mineralstoffs Kalzium. Bei diesem für den Skelettaufbau und damit auch bei der Prävention von Osteoporose so elementar wichtigen Nährstoff zeigen sich in den Untersuchungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung immer wieder Versorgungslücken. Der Kalziumgehalt der Milch verändert sich nicht, ganz gleich welches Erhitzungsverfahren angewandt wurde. Im Gegensatz zur H-Milch zeigt die ESL-Milch keine bzw. weniger sensorische Veränderungen, bei gleichzeitig längerer Haltbarkeit. Mit ihrer längeren Haltbarkeit vereinfacht sie die Bevorratung mit frischer Milch, was für den einzelnen Verbraucher zu Hause entscheidende Vorteile hat.

Die Befürchtung, Verbraucher könnten über den Begriff „traditionell“ den Eindruck erhalten, dass die Bäuerin Kühe noch per Hand melkt, erachtet die LVN als unhaltbar. Der Kenntnisstand des Verbrauchers wird mit dieser Aussage völlig unterschätzt und muss als ebenso realitätsfern bezeichnet werden.

vzhh/LVN