Bundeskartellamt entscheidet über Milchboykott
Das
Bundeskartellamt hat mit Beschluss vom 12. November 2008 festgestellt, dass der
Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V., Freising (BDM), im Rahmen der
„Milchpreisoffensive 2008“ zum Boykott aufgerufen hat.
Der
BDM hatte die Milchviehhalter in Deutschland zur Nichtbelieferung der
Molkereien und zu Demonstrationen vor ausgewählten Molkereien aufgerufen, um
einen bundesweit einheitlichen Mindestpreis von 43 Cent/kg Milch und eine
Drosselung der Milchmenge durchzusetzen. Darüber hinaus sollten die Molkereien
vom BDM vorbereitete „Verpflichtungserklärungen“ unterzeichnen. Mit ihrer
Unterschrift unter diese Verpflichtungserklärung sollten die Molkereien den
Milchindustrieverband beauftragen, mit dem BDM Verhandlungen mit dem Ziel zu
führen, den vom BDM geforderten Mindestmilchpreis gegenüber dem
Lebensmitteleinzelhandel durchzusetzen.
In
Folge des Aufrufs wurden bundesweit zahlreiche Molkereien von den
Milchviehhaltern nicht mehr mit Milch beliefert. Teilweise wurden die
Anlieferung von Milch und die Auslieferung von Milchprodukten durch Blockaden
verhindert.
Der
BDM hat mit seinem Aufruf gegen das Boykottverbot des § 21 Absatz 1 GWB
verstoßen. Der Aufruf erfolgte auch nicht in Wahrnehmung berechtigter
Interessen. Denn der BDM strebte weder eine kartellrechtskonforme Kooperation
auf der Ebene der Milchviehhalter noch auf der Ebene der Molkereien an. Zudem
ergaben die Prüfung der vorgelegten Unterlagen und eigene ergänzende Recherchen
des Amtes, dass die Höhe des vom BDM geforderten Mindestpreises nicht so
bemessen war, dass Milchviehhalter nur oberhalb des geforderten Basispreises
kostendeckend wirtschaften könnten. Insbesondere die im Wesentlichen fiktiv
angesetzten Arbeitskosten erscheinen überhöht.
Die
Ermittlungen haben zudem gezeigt, dass ein bundesweiter Einheitspreis zu einer
flächendeckenden Kartellierung über alle Marktstufen (Milchviehhalter,
Molkereien und Handel) hinweg geführt hätte. Dies hätte zu einer
kartellrechtlich unzulässigen Ausschaltung des Wettbewerbs und zu höheren
Preisen für die Verbraucher geführt. Die vom BDM ebenfalls angestrebte
Drosselung der Milchmenge durch Änderung des Umrechnungsfaktors (Volumen in
Gewicht) der angelieferten Milch berechtigte ebenfalls nicht zum Boykottaufruf.
Das
Bundeskartellamt macht mit seiner Entscheidung deutlich, dass
strukturpolitische Probleme keinesfalls mit kartellrechtswidrigen Mitteln
gelöst werden dürfen. Im vorliegenden Fall hat das Bundeskartellamt zugunsten
des BDM von seinem Ermessen Gebrauch gemacht, kein Bußgeldverfahren
einzuleiten. Sollte der BDM in vergleichbarer Weise zukünftig erneut gegen das Kartellrecht
verstoßen, wird das Bundeskartellamt jedoch unverzüglich ein Bußgeldverfahren
einleiten. Dies ist dem BDM auch so mitgeteilt worden.
Die
Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Eine öffentliche Version der
Entscheidung kann in den nächsten Tagen auf der Internet-Seite des
Bundeskartellamtes abgerufen werden.“
Bundeskartellamt
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