Milchwirtschaft in Zeiten von Klimawandel und polarisierter Gesellschaft

LVN-Vorstand Jan Heusmann spricht sich für gemeinsames lösungs- und dialogorientiertes Handeln aus

06. November 2019

Klimawandel, Tierwohl und Milch aus dem Reagenzglas: Zukunftsvisionen der Milchwirtschaft Niedersachsens diskutierten die Teilnehmer der Mitgliederversammlung der Landesvereinigung der Milchwirtschaft am 4. November.

Prof. Nick Lin-Hi von der Universität Vechta
Synthetische Milch, die Bedeutung der Generation Greta und was Konsumenten eigentlich wollen: Prof. Nick Lin-Hi von der Universität Vechta zeichnet Zukunftsvisionen der Milchwirtschaft.

Die zunehmende Polarisierung und Politisierung in der Gesellschaft führt zu einer großen Verunsicherung unter den Milchbauern. Dieses Gefühl der Verunsicherung im Berufsstand wurde in den letzten Monaten durch zahlreiche Aktionen von Landwirten eindrucksvoll vermittelt. Allen Aktivitäten gemeinsam sind eindeutige Signale zur Dialogbereitschaft mit Politik und Gesellschaft. Auf der Mitgliederversammlung der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen e.V. (LVN) berichteten der Vorstand und die Geschäftsführung über Maßnahmen, Initiativen und Aktionen, die genau diese Dialoge unterstützen. Zur Versammlung am 4. November in Isernhagen kamen rund 120 Gäste aus Politik und Wirtschaft, darunter zahlreiche Vertreter der 20 LVN-Mitgliedsorganisationen, zu denen Bauern-, Molkerei- und Gewerkschafts- sowie Verbraucherverbände gehören.

Dialog und klare Botschaften zu Kernthemen

„In Zeiten der zunehmenden Politisierung und in Zeiten der Zuspitzung und Polarisierung müssen wir es in der Milchwirtschaft gemeinsam schaffen, für die erkannten Problemfelder praktikable Lösungen zu entwickeln. Und wir müssen gleichzeitig darauf achten, dass auf Erzeugerebene eine Umsetzung unter ordentlichen ökonomischen Rahmenbedingungen erfolgen kann“, beginnt der Vorstandsvorsitzende, Jan Heusmann, seine Rede.

Wenn die fachliche Kompetenz landwirtschaftlichen Handelns tagtäglich in Frage gestellt werde, die ökonomischen Rahmenbedingungen weiterhin schwierig seien und gleichzeitig im dritten Jahr in Folge ein erneut ungünstiger Witterungsverlauf vielen Familien eine schlechte Ernte beschere, dann sei das aktuelle „Stimmungstief“ vieler Milcherzeugerinnen und Milcherzeuger nicht überraschend. Ihm sei es ein persönliches Anliegen, dass die Milchbranche zu den Kernthemen, die sie gemeinsam über alle Stufen der Wertschöpfungskette verbinden, eine klare Botschaft an Gesellschaft und Politik senden könnten.

Herbert Heyen, als stellvertretender Vorstand bekräftigt diesen Weg mit dem Statement: „Unsere Milcherzeuger-Familien haben eine Leidenschaft – und die heißt Milch – diese möchten sie auch an die nachfolgenden Generationen im Milchland Niedersachsen weiter geben. Das ist ein großer Ansporn für unsere tägliche Arbeit.“

Sich gegenseitig zuhören und gemeinsam Lösungen schaffen: Die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast plädiert für enge Zusammenarbeit zwischen Landwirten und Politikern, um konstruktive Lösungen zu schaffen.

Klare Worte richtet auch die Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast an die Versammlung: „Die hiesige Milchwirtschaft ist bedeutend für Niedersachsen, sie erzeugt qualitativ hochwertige und sichere Produkte. Klar ist aber auch: Die Landwirtschaft steht vor Herausforderungen, die wir angehen müssen. Zusammen mit den Landwirten! Es muss klar definiert werden, welche Landwirtschaft gewollt und in der Gesellschaft anerkannt ist. Und wer einen Auftrag erhält, muss auch entlohnt werden.“

Albert Schulte To Brinke Präsident Landvolk Niedersachsen
Landvolkpräsident Albert Schulte To Brinke: Viele Höfe wollen umbauen, um das Tierwohl zu stärken und noch mehr Umweltschutz zu betreiben. Aber die Baugenehmigungen dafür gestalten sich schwierig. Foto: LVN

Präsident des Landvolk Niedersachsens – Landesbauernverband e.V., Albert Schulte to Brinke, sagt über die niedersächsische Milchwirtschaft: „Unsere Landwirte sind auf einem guten Weg in Sachen Gewässerschutz. Das belegt die Minderung des Mineraldüngereinsatzes um 70.000 t in den vergangenen beiden Jahren. Wenn sie noch mehr Tierwohl und noch mehr Umweltschutz auf ihren Höfen erreichen wollen, müssen sie auch bauliche Veränderungen vornehmen können. Dazu muss sich die Genehmigungspraxis deutlich ändern, zurzeit beobachten wir hier leider allerorten nur Stillstand.“

Digitalisierung entwickelt sich zum Treiber von nachhaltigem Konsum

Der Gastreferent Prof. Dr. Nick Lin-Hi ist seit August 2016 Inhaber der Professur für Wirtschaft und Ethik an der Universität Vechta. Der studierte Betriebswirt beschäftigt sich seit mehr als einem Jahrzehnt mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen und hat die deutsche CSR-Landschaft substantiell mitgeprägt. Seine Forschung zeichnet sich durch eine hohe Anwendungsorientierung aus und ist darauf ausgerichtet, einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Auf der Mitgliederversammlung der LVN referierte er zum Thema „Darwinismus im Kuhstall: Was die Milchwirtschaft von Tesla lerne sollte“. „Die Agrar- und Ernährungsindustrie scheint gut beraten, sich auf neue Konsummuster einzustellen und den Mut zu haben, neue Wege einzuschlagen und auch verrückte Dinge zu versuchen. Dies gilt ganz besonders in Zeiten der Digitalisierung, welche sich nicht nur anschickt, disruptive Effekte auf allen Märkten zu bewirken, sondern sich ebenfalls zu einem neuen Treiber von nachhaltigem Konsum entwickelt“, so Lin-Hi.

Lage auf dem Milchmarkt

„Die internationale Nachfrage wird sich nach Einschätzung verschiedener Marktbeobachter insbesondere auf das Angebot aus Europa konzentrieren müssen, da andere „Anbietermärkte“ mit stagnierenden Entwicklungen rechnen“, sagt LVN-Geschäftsführer Frank Feuerriegel.

Zurzeit liegt der durchschnittliche Auszahlungspreis bei 30 bis 33 Cent/kg. „Insgesamt wird das Jahr 2019 im Durchschnitt aber deutlich unter 2018 abschließen. Während 2018 noch bei 33,72 Cent/kg im Durchschnitt ausgezahlt werden konnte, wird das Auszahlungsniveau im Jahresmittel 2019 für die niedersächsischen Milchbauern bei 32,80 – 32,90 Cent/kg liegen“, so Feuerriegel.

Milch-Kommunikation auf neuen Wegen

Vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels richtet die LVN ihre Öffentlichkeitsarbeit neu aus. Mit dem neuen Slogan „Milch hat viele Gesichter“ präsentiert die LVN ihr neues Erscheinungsbild. Und zeigt: Das Milchland Niedersachsen ist schwarz-bunt. Die Milchwirtschaft ist vielseitig und hat viele spannende und wertvolle Einblicke zu bieten. Das spiegelt sich auch auf der neuen Internetseite www.milchland.de der LVN wider. „Wichtig ist uns, eine klare Haltung zu Themen wie Nachhaltigkeit, Ernährung, Tierwohl und

Klimaschutz zu kommunizieren. Dabei sind wir offen für Veränderungen sprechen auch kontroverse Themen ehrlich an, so können wir glaubwürdig mit den Verbrauchern ins Gespräch kommen“, sagt Kristine Kindler, Geschäftsführerin der LVN. Die intensive Zusammenarbeit mit Milchbauern sei dabei ein wichtiger Grundstein für den Erfolg der LVN-Öffentlichkeitsarbeit.

Das Milchland Niedersachsen

In Niedersachsen gibt es 9.200 Milchviehbetriebe mit 850.000 Kühen. Die allermeisten Höfe führen Familien. Mehr als drei Viertel der Betriebe halten weniger als 100 Milchkühe. Die durchschnittliche Anzahl pro Betrieb beträgt 92 Milchkühe. Zusammen werden rund 6,48 Mio. Tonnen Milch an 24 niedersächsische Molkereien geliefert. Damit wird in Niedersachsen 20,7 Prozent der insgesamt in Deutschland angelieferten Milchmenge verarbeitet. Die Milchproduktion trägt innerhalb der niedersächsischen Agrarbranche in besonderem Maße zur volkswirtschaftlichen Wertschöpfung bei.

Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen e.V.

Die Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen e.V. (LVN) ist ein nach dem Milch- und Fettgesetz (MFG) anerkannter, eingetragener Verein. In Niedersachsen sind vom Erzeuger über die Molkerei bis zur Verbraucherzentrale alle Verbände und Organisationen unter dem Dach der LVN zusammengeschlossen. Das gemeinsame Ziel aller in der Landesvereinigung beteiligten Akteure ist es, den hohen Wert der regionalen Land- und Milchwirtschaft Niedersachsens zu vermitteln sowie Transparenz und Akzeptanz für die Milchwirtschaft und deren Produkte zu fördern – immer im Dialog mit der Gesellschaft.

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Christine Licher
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M. Sc. Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften 
Öffentlichkeitsarbeit & Presse
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