Qualitätsausschuss 2022 der LVN tagte am 26. September in Verden

Berichte aus der Qualitätsförderung

30. September 2022

Unter Leitung des Ausschussvorsitzenden Dr. Klaus Hein gelang es den Mitgliedern und Gästen des Qualitätsausschusses wieder, ein breites Spektrum an Themen zu bearbeiten.

Keine besonderen Auffälligkeiten waren beim Milch-Monitoring (Untersuchung der Rohmilch auf Rückstände und Kontaminanten) zu verzeichnen. Nach wie vor wird aber nach einer Möglichkeit gesucht, dass die Molkereien im Fall von Futtermittelbelastungen schneller als bisher informiert werden, um entsprechende Untersuchungen einleiten zu können. Dazu sollen weitere Gespräche mit der Futtermittelwirtschaft auf Ebene des QM-Milch e.V. geführt werden. Der Qualitätsausschuss 2022 empfiehlt, das Monitoring in 2023 unverändert weiterzuführen.

Die Einrichtung der “Klimaplattform Milch“ hat sich erfreulich schnell vollzogen. Unter Federführung der Fokus Milch GmbH wurde ein Online-Programm entwickelt, in das sich jeder niedersächsische Milcherzeuger über das Lieferanteninformationssystem seiner Molkereien einwählen und über die Beantwortung von neunzehn Fragen seine individuelle CO2-Bilanz erstellen kann. Zwei Molkereien haben das Programm bereits installiert, es liegen aktuell über 2.000 Datensätze vor. Vier weitere Molkereien werden in Kürze angeschlossen. Dies stärkt die Position des bei der Klimaplattform Milch verwendeten Bilanzierungsprogrammes, des sogenannten Agrarklimachecks. Die CO2-Bilanzierung auf landwirtschaftlichen Betrieben befindet sich noch in der Anfangsphase und national sowie international sind mehrere Bilanzierungsprogramme im Einsatz. Wünschenswert wäre, dass in der Milchwirtschaft möglichst einheitlich verfahren wird. Der Arbeitskreis Klimaplattform Milch der Fokus Milch GmbH wird dazu in Zukunft das Gespräch mit anderen Organisationen suchen und die Zusammenarbeit mit der LWK Niedersachsen und dem KTBL ausbauen.

Ebenfalls einen guten Verlauf hat das ursprünglich von der Landesvereinigung initiierte Projekt zur Verbesserung der Kälberaufzucht genommen. Unter dem Titel “Kälberinitiative Niedersachsen“ (KiNi) beteiligen sich inzwischen mehrere Organisationen (LVN, LWK Niedersachsen, vit, Niedersächsische Tierseuchenkasse, Landvolk Niedersachsen, LUFA Nord-West, LKV Niedersachen, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover und der Vieh-Fleischhandelsverband Niedersachsen). Die Landesvereinigung hat zwei Online-Auftaktveranstaltungen für Landwirte und Tierärzte organisiert und eine zentrale KiNi-Website eingerichtet. Diese wird sie auch in Zukunft betreuen (www.kaelberinitiative-niedersachsen.de). Hier sind nicht nur eine Vielzahl von Fachinformationen zu finden, sondern auch vermehrt Veranstaltungshinweise. Kern der Kälberinitiative sind die Durchführung von praxisbezogenen Workshops, Arbeitskreisen und die Vermittlung von Intensivberatung. Diese Praxisteile der Initiative werden von der LWK Niedersachsen im Rahmen eines vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML) geförderten Projektes durchgeführt. Im Zusammenhang mit den Kälberaufzuchtprojekten setzte sich der Qualitätsausschuss 2022 auch mit der soeben veröffentlichten Auswertung von “Q check“ auseinander. Sie bietet jedem MLP-Mitglied die Möglichkeit, die einzelbetriebliche Lage mit dem Gesamtbild zu vergleichen und zu erkennen, ob die von den Fachleuten definierten Zielwerte erreicht werden (Beispiel: Anteil eutergesunder Kühe in der Herde). Ein offener Umgang der Branche mit Zahlen, die auf einen Optimierungsbedarf hinweisen, macht eine flankierende Erläuterung erforderlich. Ziel muss es sein, dass das System dazu dient, einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess einzuleiten. Kritische Werte müssen fachlich erklärt und zielorientiert mit Lösungsansätzen im Prozess begleitet werden.

Die Praxis steht auch bei einem anderen Projekt – “Wissenstransfer zur Antibiotikareduktion in der niedersächsischen Milchwirtschaft“ –- im Vordergrund, das unter der Betreuung von Prof. Dr. Krömker angelaufen ist.  Auch hier soll über Workshops auf Erzeugerbetrieben und über Arbeitskreise versucht werden, das Wissen um die Anwendung von Schnelltests bei der Mastitistherapie oder des selektiven Trockenstellens in die Betriebe zu tragen.

Um einen ganz anderen Weg zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes geht es bei dem von der Landesvereinigung finanzierten Projekt “Untersuchung von Phagen zur Nutzung in der Mastitistherapie“. Hier wird von der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (Prof. Dr. Martina Hoedemaker, Prof. Dr. Madeleine Plötz) Grundlagenforschung zum Einsatz von Bakteriophagen (kurz: Phagen) gegen Mastitiserreger vorangetrieben. Phagen sind Viren, die ausschließlich Bakterienzellen infizieren und töten. In einem ersten Arbeitsschritt geht es darum, geeignete Phagen zu isolieren.

Herr Rufli vom QM-Milch e.V. gab im Qualitätsausschuss 2022 einen Überblick über den aktuellen Stand des QMilch-Programmes mit QM+ sowie QM++. Das QMilch-Programm ist stufenweise aufgebaut, das Modul QM++ basiert auf QM+ und QM+ bzw., ++ Schlachtkühe können in das ITW-Rind System geliefert werden. Handel und Molkereien wollten die beiden Tierwohlprogramme bereits im April 2021 einführen. Die durch die Energiekrise verursachte angespannte wirtschaftliche Lage hat aber auch ein deutlich verändertes Verbraucherverhalten zur Folge, höherpreisige Lebensmittel haben einen schweren Stand. Dennoch hat bundesweit eine niedrige zweistellige Zahl von Molkereien Interesse an der Einführung von QM+ bzw.  QM++ (entspricht ITW Haltungsformstufe 3), wahrscheinlich aber erst im ersten Quartal 2023. Die QMilch-Datenbank zur technischen Abwicklung der Audits wird ab Februar 2023 zur Verfügung stehen. Der QM-Milch Basis-Standard wird zum 1. Januar 2023 in einer überarbeiteten Version zur Anwendung kommen. Die wesentlichen Änderungen werden beim Kuh-Liegeplatz-Verhältnis und bei der Sauberkeit der Milchkammer liegen. Beide Kriterien werden zu K.-o.-Kriterien. Dies bedeutet, dass dann alle Kühe gleichzeitig liegen können müssen. Im Liegeboxenlaufstall muss dann für jedes Tier eine Liegebox zur Verfügung stehen, eine Überbelegung von bis zu 10 Prozent wird nicht mehr toleriert. Herr Rufli sprach sich für die Beteiligung am QS-Antibiotikamonitoring auch im Basis-Standard aus. Dies biete den Vorteil, dass die Milchbranche interne Auswertungen vornehmen könne.

Aus dem Qualitätsausschuss heraus war eine Arbeitsgruppe gegründet worden, die sich mit einer Krisenanlaufstelle für Nutztierhalter beschäftigen sollte. Es zeigte sich, dass auf Ebene der Kreislandvolkverbände durchaus Ansprechpersonen für den Krisenfall vorhanden sind. Diese sollten noch mehr Unterstützung hinsichtlich der richtigen Kommunikationsform erhalten. Der Kontakt zu einem Privatunternehmen, dass auf das Krisenmanagement von Lebensmittelbetrieben spezialisiert ist, hat bisher noch nicht zu einem Ergebnis geführt. 

Frau Dr. Eisenberg von der Niedersächsischen Tierseuchenkasse berichtete zum niedersächsischen Paratuberkulose-Verminderungsprogramm. Sie beurteilt die Lage in Niedersachsen als beruhigend, das Programm zeigt Wirkung. Die Zahl der Betriebe, die bei der Sammelmilch-Untersuchung positiv sind, stagniert in etwa. Positiv kann gewertet werden, dass das Vorkommen des Erregers (MAP) in den untersuchten Blutproben der am MAP-Verminderungsprogramm teilnehmenden Bertrieben in der niedrigsten Kategorie (unter 2 Prozent) seit 2018 deutlich zugenommen hat.

Der Qualitätsausschuss 2022 beschäftigte sich außerdem mit der Verwendung von Güllefeststoffen als Einstreumaterial. Diese Einstreu bietet viele Vorteile, birgt aber auch hygienische Risiken und setzt ein konsequentes Liegeboxenmanagement voraus. Rechtlich ist der Einsatz umstritten. Ein Arbeitskreis soll klären, ob die rechtliche Lage unverändert ist und wie die hygienischen Risiken zu beurteilen sind.

Abschließend verabschiedete Dr. Hein zwei langjährige Mitglieder des Qualitätsausschusses. Anton Fortwengel, der ehemalige Vorsitzende des LKV Weser-Ems, hat sich von seinen landwirtschaftlichen Ämtern zurückgezogen. Er gehörte dem Qualitätsausschuss seit 2001 an.  Herbert Heyen, bis November dieses Jahres noch stellvertretender Vorsitzender der Landesvereinigung, gehörte in dieser Funktion seit 2011 auch dem Qualitätsausschuss an.

Harry Fritsch, Herbert Heyen, Anton Fortwengel und Dr. Klaus Hein beim Qualitätsausschuss 2022
Harry Fritsch, Herbert Heyen, Anton Fortwengel und Dr. Klaus Hein beim Qualitätsausschuss in Verden

LVN

Ansprechpartner für diesen Bereich

Harry Fritsch
Dipl.-Ing. agr. 
Leitung Qualitäts- & Umweltberatung
0511 / 85653-31
fritsch@milchland.de

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