Niedersachsen liegt nach Bayern an der Spitze der bundesweiten Milcherzeugung. Rund ein Fünftel der in Deutschland bei den Molkereien angelieferten Milch wird in Niedersachsen erzeugt. Im Jahr 2018 haben 9.228 landwirtschaftliche Betriebe mit knapp 850.000 Kühen 7,18 Mrd. kg Milch erzeugt. Die durchschnittliche Herdengröße steigt weiter und liegt inzwischen bei 92 Kühen pro Betrieb. Traditionell stark vertreten ist die Milcherzeugung auf den Grünlandstandorten in den Küstenregionen Niedersachsens.
Wie sieht die Milcherzeugung hinter diesen Zahlen aus? In welchen Haltungssystemen stehen die Milchkühe? Wie ist es um Urlaub und Freizeit der Familien bestellt? In welchem Umfang werden klimaschonende Ausbringungstechniken für Gülle und Gärreste genutzt? Dies sind nur einige der Fragen, die 750 niedersächsische Milcherzeuger im Jahr 2013 beantwortet haben. Zusammen mit dem Thünen-Institut für Betriebswirtschaft in Braunschweig hat die Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen e.V. (LVN) erstmals eine Status-quo-Analyse zu ausgewählten Nachhaltigkeitsaspekten der Milcherzeugung in Niedersachsen durchgeführt: Nachhaltigkeit und Verantwortung in der Milcherzeugung. Fakten und Wissenswertes aus dem Milchland Niedersachsen.
Die ausführlichen Ergebnisse enthält das Thünen Working Paper 28: Status-quo-Analyse ausgewählter Nachhaltigkeitsaspekte der Milcherzeugung in Niedersachsen
Wo wir in Niedersachsen stehen: Sieben ausgewählte Antworten
Was charakterisiert die Milchviehhaltung in Niedersachsen?
In Niedersachsen ist die Haltung von Milchkühen in Laufställen stark verbreitet: 2013 standen 91 % der Kühe der befragten Milcherzeuger in einem Boxenlaufstall. Die Anbindehaltung, die vor allem wegen der fehlenden Bewegungsfreiheit der Tiere in der Kritik steht, spielt in Niedersachsen kaum noch eine Rolle. 2013 wurden noch 6 % der Kühe in einem Anbindestall gehalten, vorwiegend in kleineren Herden.
Wie verbreitet ist Weidegang für Milchkühe?
Niedersachsen gehört bundesweit zu den Spitzenreitern beim Weidegang: Im Jahr 2009 hatten knapp 67 % der niedersächsischen Kühe Weidegang (Daten der Landwirtschaftszählung). Die Daten der Nachhaltigkeitsbefragung zeigten, dass der Weidegang vor allem in den typischen Milchviehregionen im Nordwesten zu Hause ist. Sie zeigen auch: Mit zunehmender Herdengröße nimmt die Weidehaltung ab und die reine Stallhaltung zu. Die in Niedersachsen entstandene Initiative Pro Weideland setzt sich für die Förderung der Weidehaltung und eine klare Kennzeichnung für Produkte aus Weidemilch ein.
Wie läuft das Trockenstellen ab?
Im Rahmen der Nachhaltigkeitsbefragung wurden erstmals Daten zum Vorgehen beim Trockenstellen erhoben. 77 % der befragten Milcherzeuger haben grundsätzlich antibiotischen Trockensteller eingesetzt, 18 % gingen selektiv vor. Ein gezieltes selektives Vorgehen findet zunehmend in der Praxis Verbreitung und trägt damit den Forderungen nach einem noch sorgsameren Umgang mit antibiotischen Wirkstoffen in der Milchviehhaltung Rechnung. Die LVN hat dazu 2019 ein Projekt mit dem Steinbeis Forschungszentrum Milchwissenschaft gestartet.
Wie gut zu Fuß sind die Milchkühe?
Erkrankungen der Klauen und Gliedmaßen gehören zu den häufigsten Erkrankungen und Abgangsursachen bei Milchkühen. Die regelmäßige Klauenpflege leistet einen wichtigen Beitrag zur Vorbeugung und ist bei der Mehrheit der Betriebe (77 %) Stand der Praxis. Hinsichtlich der systematischen Beobachtung und Beurteilung von Lahmheiten deutet sich Handlungsbedarf an – sowohl aus Sicht des Tierwohls als auch, um möglichst frühzeitig Einbußen in der Milchleistung zu verhindern.
Was leisten unsere Landwirtsfamilien für die Gesellschaft?
Niedersächsische Milchviehbetriebe sind im Ehrenamt stark: 69 % der befragten Landwirtsfamilien waren 2013 ehrenamtlich tätig. Mehr als 8 Stunden pro Monat wendeten die Familien für ehrenamtliche Tätigkeiten mit Berufsbezug und außerhalb der Landwirtschaft auf. Nahezu 30 % von ihnen engagieren sich im Dialog mit der Öffentlichkeit und leisten damit auch einen wichtigen Beitrag für die Milchwirtschaft in Niedersachsen insgesamt.
Machen die Milcherzeuger auch mal Pause?
Die Zahlen sagen: eher selten und die Arbeitsbelastung in den Betrieben ist sehr hoch. In mehr als einem Drittel der Betriebe hatten die Familienarbeitskräfte 2013 weder Urlaub noch regelmäßige freie Tage unter der Woche. Und es zeigte sich: Je größer die Kuhherde, umso mehr Urlaub und freie Tage wurden realisiert. Die Beschäftigung familienfremder Mitarbeiter und vermutlich auch arbeitssparende Haltungs- und Melksysteme dürften einen wichtigen Beitrag zur Entlastung der Familien leisten.
Ist auf den Betrieben Raum für biologische Vielfalt?
Mehr als ein Drittel der befragten Milcherzeuger hat 2013 einen Teil seiner Dauergrünlandflächen extensiv bewirtschaftet. Insgesamt unterlagen 10 % des von allen Milcherzeugern bewirtschafteten Dauergrünlands einer extensiven Nutzung. Hinzu kommt eine Vielzahl an Landschaftselementen auf den Betriebsflächen, die Lebensraum für die verschiedensten Tier- und Pflanzenarten bieten.
Neue Fakten sind in Arbeit
Seit 2017 führen mehrere niedersächsische Molkereien im Rahmen der Pilotphase des Nachhaltigkeitsmodul Milch Befragungen bei ihren Milchlieferanten durch. Voraussichtlich wird es im Sommer 2020 aktuelle Zahlen zu ausgewählten Nachhaltigkeitsaspekten der Milcherzeugung für Niedersachsen geben.
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