Verbraucherinformationsgesetz

01. September 2019

Verbraucherinformationsgesetz

Informationszugang

Der Anspruch auf Zugang zu Informationen gem. § 2 VIG-neu besteht u. a. zu allen nicht zulässigen „Abweichungen“ von Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB). Der Begriff „Abweichungen“ löst den Begriff der „Rechtsverstöße“ ab. Der ungenaue, rechtlich nicht konkretisierte Begriff der „Abweichung“ lässt weitgehend offen, was darunter abschließend zu verstehen ist. Die damit verbundene erforderliche Auslegung durch die Behörden der Bundesländer lässt erwarten, dass eine einheitliche Anwendung nicht gewährleistet ist.

Auskünfte aus laufenden Verfahren

Gem. § 3 Satz 1. Ziff. 1 b) VIG-neu ist nunmehr grundsätzlich ein Auskunftsanspruch auch während der Dauer von straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlicher Verfahren möglich, wenn es sich um die Herausgabe von Informationen über Abweichungen oder gesundheitsrelevante Informationen handelt oder „das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt“. Eine Begrenzung besteht nur dahingehend, dass Informationen während eines laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens oder eines Verfahrens vor einem Strafgericht nur „im Benehmen“ mit der Staatsanwaltschaft gegeben werden dürfen und der mit dem Verfahren verfolgte Untersuchungszweck nicht gefährdet wird.?

Einschränkung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse

Während der Auskunftsanspruch bei Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen bisher grundsätzlich ausgeschlossen war, sieht § 3 Satz 2 VIG-neu nun eine Beschränkung dieses Ausschlusstatbestandes vor: Zum einen, wenn das betroffene Unternehmen dem Informationszugang zugestimmt hat, zum anderen, wenn das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden in § 3 Ziff. 2 c) ausdrücklich – jedoch nicht abschließend (Wortlaut: „insbesondere“) – definiert als Rezepturen, Konstruktions- und Produktionsunterlagen, Informationen über Fertigungsverfahren, Forschungs- und Entwicklungsvorhaben sowie sonstiges geheimnisgeschütztes technisches und kaufmännisches Wissen.

Einschränkung der Anhörungsrechte der betroffenen Unternehmen

Das bislang in § 4 Abs. 1 Satz 1 VIG (alt) verankerte Recht des betroffenen Unternehmens, vor Preisgabe der Information binnen eines Monats schriftlich Stellung beziehen zu können, wurde gestrichen. Gem. § 5 VIG-neu lehnt sich die Anhörung des betroffenen Unternehmens nun an § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz an. Begründet wird die Einschränkung der Anhörungsrechte mit dem Interesse an einer Verfahrensbeschleunigung.

Wegfall der aufschiebenden Wirkung

Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Erteilung der Information in den in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG-neu genannten Fällen haben laut § 5 Abs. 4 VIG-neu keine aufschiebende Wirkung mehr, d. h., die Auskunftsgewährung kann trotz Einlegung eines Rechtsbehelfs gewährt werden. Der Wegfall von Rechtsschutzmöglichkeiten wird auch hier im Licht der Verfahrensbeschleunigung betrachtet. Durch den Vollzug des Auskunftsanspruchs findet in jedem Fall eine Vorwegnahme der Hauptsache statt, da der faktische Vollzug eines Auskunftsbescheides nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, selbst wenn der Lebens- oder Futtermittelunternehmer mit seinem Rechtsmittel am Ende obsiegt.

Änderung des § 40 LFGB

Auch die Neufassung des § 40 LFGB schränkt die Rechte der Unternehmer ein, indem nunmehr auch für die Fälle des § 40 Abs. 1 Nr. 2 LFGB auf eine Abwägung der Belange der Betroffenen mit den Interessen der Öffentlichkeit verzichtet wird (siehe § 40 Abs. 1 Satz 3 LFGB-neu).

Eine weitere wesentliche Änderung besteht in der Einführung einer aktiven Informationspflicht der Behörden gem. § 40 Abs. 1 a VIG-neu bei der Überschreitung gesetzlich festgelegter Grenzwerte, Höchstgehalte oder Höchstmengen sowie bei Verstößen gegen Vorschriften zum Schutz vor Gesundheitsgefährdungen, Täuschung oder der Einhaltung von hygienischen Anforderungen, wenn die die Überschreitung der sog. „Erheblichkeitsschwelle“ in Form eines Bußgeldes von mindestens 350 Euro zu erwarten ist. Auch hierdurch entsteht erheblicher Auslegungsspielraum, da das Bußgeld nicht bereits verhängt sein muss, sondern lediglich „erwartet werden muss“. Aufgrund der neu eingeführten Veröffentlichungspflicht bleibt den zuständigen Behörden kein Ermessensspielraum. Voraussetzung für die Veröffentlichung von Informationen durch die Behörde ist ein „durch Tatsachen hinreichend begründeter Verdacht“. Hierzu müssen allerdings zwei unabhängige Untersuchungen von Laboratorien vorliegen, die im Sinne von Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 betrieben und akkreditiert sind.

4RV

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