Milchproduktion: Den eigenen Weg finden!

12. November 2015

Milchproduktion: Den eigenen Weg finden!

Im ersten Fachvortrag wies der Geschäftsführer für Landwirtschaft/Rohstoffe des DMK, Sönke Voss, darauf hin, dass bis 2020 weltweit ein weiteres  Wachstum der Milchmenge zu erwarten sei. Allerdings sei aktuell der Absatz im Käsemarkt, der immer schon der Motor der europäischen Milchindustrie war, bedingt durch Russlandembargo und Absatzeinbrüche in China eingebrochen. Der Aufbau neuer Märkte erfordere eine klare Strategie, hohe Kapitalausstattung und vor allem Zeit. „Aus den bisherigen Krisen haben wir zu wenig gelernt, Verarbeiter und die Milcherzeuger müssen zukünftig in einer Sprache sprechen!“, mahnte Voss.
Heiko Effe ist stellvertretender Vorsitzender der Bio-MilchErzeugerGemeinschaft und bewirtschaftet gemeinsam mit seinem Bruder einen Bioland-Milchviehbetrieb im Landkreis Cuxhaven. Er schilderte im zweiten Vortrag die Markt- und -Preissituation bei Biomilch und ging auf die Vorteile der Mitgliedschaft in einer Erzeugergemeinschaft ein. Effe sagte, dass die Entwicklung des Bio-Milchangebots trotz Steigerungen noch immer nicht der Nachfrageentwicklung entspreche. Die Märkte würden von Anbietern außerhalb Niedersachsens bzw. Deutschlands bedient. Andererseits bestätigte er die zunehmende Internationalisierung auch im Bio-Bereich: „Produkte aus niedersächsischer Biomilch werden bereits heute in Korea vermarktet“, so der Milcherzeuger.
Prof. Dr. Bernhard Brümmer (Lehrstuhl für Landwirtschaftliche Marktlehre der Uni Göttingen) lenkte in seinem Vortrag den Blick vor allem auf die internationalen Märkte und die weltweiten soziodemographischen Entwicklungen. Sein Fazit: Gesellschaftliche Erwartungen seien von allen Marktbeteiligten durch Transparenz in der Produktion & Verarbeitung und durch gemeinsames Denken in Wertschöpfungsketten zu erfüllen. Aufgabe der Agrar- und Umweltpolitik sei es, zu moderieren, nicht zu polarisieren. Produktmärkte müssten durch Differenzierung und Innovationen „enthomogenisiert“ werden, um die Wertschöpfung und den Erlös für die Erzeugerstufe und die Verarbeiter zu verbessern.
Katrin Carl, die mit ihren Eltern einen Familienbetrieb in der Nähe von Hannover bewirtschaftet, denkt für die Zukunft ihres Betriebes über Alternativen wie Direktvermarktung, Umstellung auf BioMilchErzeugung oder „Ferien auf dem Bauernhof“ nach. Es gebe vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten, die jeweils für sich zu prüfen seien. „Wir müssen die Herausforderungen annehmen“, forderte auch Henning Schulte, Sprecher der Niedersächsischen Landjugend. Kristine Kindler, Geschäftsführerin der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen e.V., macht den Junglandwirten in ihrem Diskussionsbeitrag Mut: Milch sei das am meisten kontrollierte Produkt und genieße per se hohes Vertrauen bei den Verbrauchern. Milchviehhalter und die Kühe selbst hätten ein positives, authentisches Image. Das müsse in der Kommunikation genutzt werden. „Suchen Sie den Dialog und nehmen Sie die Verbraucher mit – SIE sind die Experten“, sagte die PR-Expertin.
In der anschließenden Diskussion zwischen den rund 60 Teilnehmern der Veranstaltung (junge Milchbauern, Vertreter aus Wissenschaft, Verbänden, Organisationen, Verwaltung und Politik) konnte erwartungsgemäß kein Patentrezept gefunden werden, um den Milchpreis kurz oder mittelfristig zu steigern. Jeder Betrieb müsse seinen eigenen Weg finden und in Alternativen denken, lautete die Formel, der alle zustimmen konnten. Einig waren sich die Teilnehmer auch darin, dass alle Gruppen in der Milchbranche, vom Erzeuger bis zum Verarbeiter, mehr miteinander und alle gemeinsam mehr mit dem Endverbraucher sprechen müssen.

Die Abgeordneten des Niedersächsischen Landtages Dr. Stefan Birkner, Hermann Grupe (Vors. d. Agrarausschuss des Nds. Landtages), Karl-Heinz Hausmann, Hans-Joachim Janßen und Ernst-Ingolf Angermann erläuterten ihre Einschätzungen und politischen Gestaltungsabsichten und nahmen die Fragen der Junglandwirte, z. B. zu Flächenfraß, Pachtpreisproblematik, Förderungsmöglichkeiten und Absatzförderungsprogrammen interessiert und in Teilen kontrovers auf. Einvernehmlich wurde jedoch festgestellt, dass die niedersächsische Landwirtschaft gemeinsame Kernbotschaften und -anliegen auch auf Bundes- und EU-Ebene platzieren und diskutieren müsse.
Marketinggesellschaft der niedersächsischen Land- und Ernährungswirtschaft e.V.

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