Kuh und Klima: Die Rolle der Kühe in der Klimadebatte
In der heutigen Zeit ist die Frage nach der Nachhaltigkeit unserer Lebensmittelerzeugung zentraler denn je. Die Rolle der Kuh in der Klimadebatte ist dabei ein viel diskutiertes Thema. Zwischen Bildern idyllischer Weiden und Vorwürfen, Kühe seien Klimakiller, bewegt sich die Diskussion um die Klimabilanz der Milchkuhhaltung. Doch was sind die Fakten beim Thema „Kuh und Klima“?
Grundlagen der Klimabilanz von Kühen: Wie beeinflussen Kühe das Klima?
Faktencheck: Kühe und Klimawandel
Rinder, und somit auch Kühe, produzieren Methan, ein Treibhausgas, das 28-mal stärker wirkt als CO2. Jedoch ist es auch wichtig zu verstehen, dass es sich hier um biogenes Methan handelt, das in einen natürlichen Kreislauf eingebunden ist. Dieses Methan wird in der Atmosphäre nach etwa 12 Jahren abgebaut, während CO2 über 1000 Jahre verbleibt. In Deutschland verursacht die Landwirtschaft insgesamt etwa 8% der Treibhausgas-Emissionen und der größte Anteil stammt aus der Tierhaltung. Bezogen auf die Emissionen pro Produkt, haben die hiesig erzeugten Milchprodukte die geringsten Werte. In der Summe sind die aus der Tierhaltung resultierenden Methan-Emissionen zwischen 1990 und 2023 laut Umweltbundesamt um etwa 29,8 Prozent zurückgegangen.
Biogenes oder fossiles Methan – Was ist der Unterschied?
Biogenes Methan entsteht durch den Verdauungsprozess von Pflanzenmaterial. Pflanzen nehmen CO2 aus der Atmosphäre auf, wachsen und werden dann von Rindern gefressen, die Methan ausstoßen. Dieses Methan zerfällt nach 12 Jahren in der Atmosphäre wieder zu CO2, das erneut von Pflanzen aufgenommen wird. Dieser Kreislauf stellt eine relativ kurzfristige Bindung und Freisetzung von Kohlenstoff dar.
Im Gegensatz dazu stammt fossiles Methan aus unterirdischen Lagerstätten, die über Millionen von Jahren entstanden sind. Wenn fossile Brennstoffe wie Erdgas oder Kohle gefördert und verbrannt werden, wird fossiles Methan oder CO2 freigesetzt, das zuvor über lange geologische Zeiträume hinweg gespeichert war. Dieses freigesetzte CO2 bleibt für Jahrhunderte in der Atmosphäre und trägt somit langfristig zur Erderwärmung bei, da es zusätzlich in die Atmosphäre eingebracht wird. Der Unterschied liegt also in der Herkunft.
Kuh und Klima: Ist die Kuh ein Klimakiller?
Eine nachhaltige landwirtschaftliche Lebensmittelerzeugung ist ohne Nutztiere nicht möglich. Der Grund: 85 Prozent der landwirtschaftlichen Biomasse ist für den Menschen nicht direkt nutz- bzw. essbar. Das Rind dagegen hat als Wiederkäuer die einzigartige Fähigkeit, faserreiche Biomasse wie Gras, Stroh oder auch Maisstängel zu verdauen.
Das funktioniert allerdings nur, wenn man die Bildung von Methan zulässt. Diesen komplexen Verdauungsprozess benötigt das Rind, damit die Nährstoffe verfügbar gemacht werden.
Der positive Effekt liegt auf der Hand: Rinder können vom Menschen nicht nutzbare Pflanzenmasse ohne Nahrungskonkurrenz zum Menschen in hochwertiges Nahrungsprotein umwandeln. Dieser Aspekt ist für eine klimaschonende Landwirtschaft nach dem Kreislaufkonzept ausschlaggebend.
Das Besondere dabei ist, dass in diesem aufgenommenen Futter enorme Mengen an Pflanzennährstoffen gebunden sind, die nach der Verdauung als Dünger in Form von Mist oder Gülle wieder in den landwirtschaftlichen Kreislauf zurückgeführt werden. Sachgerecht eingesetzt sorgen diese sogenannten Wirtschaftsdünger dann dafür, dass auf dem Acker Nahrungsmittelpflanzen wie Getreide, Kartoffeln, Zuckerrüben und weitere Feldfrüchte optimal wachsen können – deren Überreste dann wieder an Tiere verfüttert werden.
Was tun, damit die Kuh auch weiterhin eine Klimaschützerin bleibt?
Ziel beim Thema „Kuh und Klima“ muss es sein, diesen Kreislauf effizient zu betreiben und die unnötige Bildung von Methan zu reduzieren. Entscheidend dafür ist, dass die Milchhöfe alle Möglichkeiten nutzen, um die Effizienz zu steigern und Standortpotentiale optimal zu nutzen: Auch wenn die Bedingungen auf jedem Bauernhof unterschiedlich sind, versucht jeder Landwirt, auf seinem Grünland und seinem Acker möglichst optimales Futter zu ernten, die Fütterung an den Bedarf der Tiere anzupassen und für eine gute Gesundheit seiner Kühe zu sorgen.
Positive Aspekte der Milchviehhaltung für das Klima
Wie Grünland die Umwelt schützt
Ein Hauptbestandteil des Kuhfutters ist Gras. Dieses Gras wird auf sogenanntem Grünland entweder direkt von den Kühen abgeweidet oder gemäht. Als Grünlandflächen bezeichnet man Wiesen und Weiden, die aufgrund ihrer Bodenbeschaffenheit oder ihrer besonderen Lage, beispielsweise in steinigen Höhenlagen oder in nassen Gebieten, nicht als Ackerland nutzbar sind. Die oft vorgeschlagene Alternative, diese Flächen nicht mit Kühen zu nutzen, sondern darauf Gemüse anzubauen, funktioniert daher nicht. Das Gemüse würde hier auf sehr ungünstige Wuchsbedingungen treffen. Das nötige Umbrechen dieser Flächen würde zudem einen enormen CO2-Ausstoß führen, ohne dass im Gegenzug eine nennenswerte Gemüseernte erzielt werden könnte. Derartige Grünlandflächen machen insgesamt rund 30 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland aus. Sie bilden wie auch die Ackerböden und die Wälder einen riesigen CO2-Speicher.
Wird das Grünland direkt von den Kühen abgegrast, wirkt sich das zudem positiv auf die Bodenqualität sowie die Artenvielfalt aus. Die Kühe können jedoch nur dann täglich auf die Weide, wenn die Grünlandflächen des Betriebes auch direkt am Hof liegen. Das ist oft nicht gegeben und hat meist historische Gründe. So liegen viele ältere Bauernhöfe mitten im Dorf, dort gibt es kaum angrenzende Weiden.
Wichtig zu wissen: Auch die Kühe, die das ganze Jahr über in einem sogenannten Boxenlaufstall leben, bekommen im größten Teil ihrer Futterration Gras am Futtertisch vorgelegt. Dafür wird das Gras auf den Wiesen und Weiden gemäht und einsiliert, damit es das ganze Jahr hindurch als Futter zur Verfügung steht. Somit wird auch hier das zur CO2-Speicherung wichtige Weideland gepflegt und sinnvoll im Sinne der Kreislaufwirtschaft weiterverwendet.
Nachhaltige Praktiken – Kuh und Klima
Moderne Methoden wie die bodennahe Gülleausbringung und die Nutzung von Gülle in Biogasanlagen optimieren den Nährstoffkreislauf und reduzieren Emissionen. Hofeigene Biogasanlagen stellen eine exzellente Möglichkeit dar, das Kreislaufprinzip weiter zu stärken und gleichzeitig erneuerbare Energie zu produzieren, ganz im Sinne der Nachhaltigkeit.
Klimabilanz der Milchwirtschaft
Was ist überhaupt eine Klimabilanz? Kurz gesagt ist eine Klimabilanz oder der CO2-Fußabdruck eine Methode, um zu messen, wie viele Treibhausgase, insbesondere CO2, bei einem Prozess, in – diesem Fall bei der Produktion von Milch – freigesetzt werden. Diese Bilanz umfasst die gesamte Kette von der Kuh bis zum Kühlschrank.
Die gesamte Milchwirtschaft arbeitet daran, ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Das beginnt bei der Optimierung der Futtereffizienz auf dem Hof und reicht bis zur Reduzierung des Energieverbrauchs in den Molkereien. Wichtige Maßnahmen umfassen den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen wie Wasser, Energie und dem Ökosystem. Diese Maßnahmen sind Teil eines größeren Bestrebens, die Umweltauswirkungen der Milchproduktion zu minimieren.
In Niedersachsen beispielsweise nutzen viele Milcherzeuger die „Klimaplattform Milch“, um ihren CO2-Fußabdruck zu ermitteln und zu verstehen, wo sie noch besser werden können. Die Plattform hilft den Landwirten, effizientere Methoden in der Milchproduktion zu erkennen. Es werden Fragen zur Milchmenge pro Kuh, zum Stromverbrauch und zur Fütterung und weiteren Aspekten gestellt. Das Ergebnis zeigt, wo und wie Emissionen anfallen und eventuell reduziert werden können. Dies ist ein Teil eines größeren Bestrebens, die Klimabilanz der Milch zu verbessern und transparenter zu machen.
Große Unternehmen und der Handel fordern zunehmend Informationen zum CO2-Fußabdruck. Die Milchwirtschaft stellt sich dieser Herausforderung, indem sie Daten sammelt und Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgase entwickelt. Dies nicht nur, weil es eine handelspolitische Vorgabe ist, sondern auch weil wir alle zunehmend Wert auf nachhaltig produzierte Lebensmittel legen.
Kuh und Klima: Die Zukunft der Milchviehhaltung im Kontext des Klimawandels
Die Milchviehhaltung steht vor großen Herausforderungen, aber auch vor bedeutenden Chancen, einen positiven Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Durch die Kombination aus traditionellen Praktiken und modernen Technologien kann die Milchproduktion nachhaltiger gestaltet werden.
In Niedersachsen werden die Milcherzeuger beispielsweise mit Hilfe des Agrar-Klimachecks für das Thema Klimaschutz sensibilisiert. Über dieses digitale Tool kann der CO2-Fußabdruck für jeden Betrieb erfasst werden. Damit erhalten die Milchhöfe die Möglichkeit, ihre individuelle CO2-Bilanz der Milcherzeugung weiter zu verbessern.
Letztendlich ist ein konstruktiver Dialog zwischen Verbraucher/innen, Produzent/innen und Politik notwendig, um den Weg für eine klimafreundliche Zukunft der Milchviehhaltung zu ebnen.