Gewinner Milchlandpreis 2022: Westrup-Koch Milch GbR aus Bissendorf im Interview

Vorstellung des Milcherzeugerbetriebs im Landkreis Osnabrück

13. Januar 2023

Ulrich Westrup im Interview mit der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen e.V. (LVN).

Goldene Olga 2022
Gewinner des Milchlandpreises und Klima-Sonderpreises 2022: Die Westrup-Koch Milch GbR (Foto: Patrick Lux)

Die Freude war groß, als Kerstin und Ulrich Westrup mit ihren Kindern Birte und Stephan in Vertretung für die Westrup-Koch Milch GbR die Auszeichnung der Goldenen Olga bei der Milchlandpreis-Verleihung am 9. Dezember 2022 in Bad Zwischenahn entgegennahmen. Die Westrup-Koch Milch GbR bewirtschaftet in Bissendorf einen 767 Hektar großen Betrieb, davon rund 156 Hektar Grünland. Auf dem Hof werden 610 Milchkühe und 600 weitere Tiere als weibliche Nachzucht gehalten. Die Herde erbringt eine weit überdurchschnittliche Milchleistung von rund 13.100 Kilogramm pro Kuh und Jahr bei einem Fettgehalt von 3,84 Prozent und einem Eiweißgehalt von 3,49 Prozent. Die Milch wird an die DMK Deutsches Milchkontor eG geliefert.

Der Hof wurde 1964 auf die heutige Hofstelle ausgesiedelt. Seit 1998 wird der Betrieb gemeinsam von mehreren Gesellschaftern geführt, zu denen neben Kerstin und Ulrich Westrup auch Dirk Westrup, Christian Koch, Bärbel Wilke und Timo Obrock gehören.

Interview mit Ulrich Westrup

Wir als LVN freuen uns, Ulrich Westrup für ein ausführliches Interview mit der amtierenden TOP 1 gewonnen zu haben. Im Folgenden verrät uns der Landwirt, welche Innovationen und Maßnahmen das Team der Westrup-Koch Milch GbR umsetzt, wie eine gute Klimabilanz erreicht werden kann und welche Ziele und Wünsche für die Zukunft bestehen.

Herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung „Bester Milcherzeuger Niedersachsens 2022“ – eine herausragende Leistung! Wie ist es Ihnen seit der Verleihung der Goldenen Olga ergangen?

Vielen Dank für die Glückwünsche. Es gab im Anschluss der Preisverleihung und auch bei den verschiedensten Begegnungen seither viele Gratulationen für den Betrieb und das gesamte Team. Von der Reichweite des Preises, und wie schnell sich unsere Auszeichnung herumspricht, waren wir mehr als überrascht.

Mit einer jährlichen Milchleistung von 13.100 kg pro Kuh liegen Sie weit über dem Branchendurchschnitt. Die Gutachter loben vor allem zahlreiche Innovationen, die Sie mit Ihrem gesamten Team leidenschaftlich vorantreiben. Geben Sie uns ein paar Einblicke?

Wir arbeiten eng zusammen mit Hochschulen, wie mit der Hochschule Hannover oder auch der Hochschule Osnabrück, bei der wir Versuchsbetrieb sind. Bei verschiedenen Projekten, sowohl in der Außenwirtschaft als auch in der Innenwirtschaft, gewannen wir gemeinsam mit den Hochschulen Erkenntnisse, die zu tatsächlichen Veränderungen führten.

Einige Beispiele: Bei den Kälbern hatten wir vor gut zehn Jahren noch tägliche Zunahmen von um die 800 g. Durch die Datenerhebung in Versuchen, die wir mittlerweile durchgehend durchführen, haben wir die Versorgung immer weiter angepasst, so dass wir in der Tränke-Phase mittlerweile bei einer täglichen Zunahme von über 1000 g liegen. Überrascht hat uns auch das positive Ergebnis, was das Pasteurisieren von Biestmilch bringt. Dieses führte zu dem Kauf eines Pasteurs für das Kolostrum.

Bei den Kühen hat die Tatsache, dass sie Meister im Sortieren von Futter sind und damit nicht das fressen, was man für sie berechnet hat, auch zu Veränderungen geführt. Mit Begleitung der Hochschule Osnabrück suchten wir in Versuchen die optimale Trockensubstanz in der Fütterung der TMR durch Wasserzugabe. Dadurch haben wir das Sortieren minimiert und eine bessere Futterverwertung erreicht.

Aber auch mit der Hochschule Hannover haben wir sehr intensiv und erfolgreich an der Verbesserung der Eutergesundheit und Antibiotika-Minimierung gearbeitet. Dabei standen Themen wie Keimreduzierung, passgenaue Behandlungskonzepte und selektives Trockenstellen im Fokus.

Durch die intensive Zusammenarbeit mit unserer bestandsbetreuenden Tierarztpraxis haben wir für uns ein Controlling-System aufgebaut, das uns in einen sogenannten kontinuierlichen Verbesserungsprozess gebracht hat. So lassen sich aufgedeckte Schwachstellen frühzeitig korrigieren und die umgesetzten Maßnahmen sind schnell zu beurteilen.

Viele Ideen versickern schnell, wenn man sie nicht umsetzen kann. Darum nutzen wir bei der Entwicklung der Ideen das hervorragende Fachwissen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und begleiten Neuerungen, aber auch Altbewährtes, mit Schulungen.

Ihr Betrieb entwickelt sich in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich weiter: Auf Ihrem Hof gibt es Boxenlaufställe aus den Jahren 1964, 1983, 1994, 2006, 2008 und 2012. Sind weitere Erneuerungen oder Investitionen geplant?

Auch nach 2012 haben wir weiter in Ställe investiert aber auch in den Ausbau der Biogasanlage. Ganz aktuell ist der Bereich für die Bullenkälber im Blick, um den neuen Transportvorgaben gerecht zu werden. Erneuerungen stehen natürlich auch auf dem Plan. Insbesondere bei einem Teil der Siloanlagen, bei denen die Wände in die Jahre gekommen sind. Oder beim Liegekomfort der Jungtiere, für die wir in einigen Bereichen die Liegematten ersetzen. Ein eher längerfristiges Investitionsziel sind Ansätze, das automatische Melken zu durchdenken und zu etablieren. Ein Projekt, in dem wir auch das Preisgeld als Anschubfinanzierung sehen, ist die Einrichtung eines Schulungsraumes für unsere Mitarbeiter.

Die Jury des Milchlandpreises überzeugte zudem die gute Klimabilanz Ihres Betriebes, was Ihnen mit dem Niedersächsischen Klima-Sonderpreis eine weitere Top-Auszeichnung einbrachte. Welche Maßnahmen führen zum guten CO2-Fußabdruck? Wo gibt es noch nächste Stellschrauben zur Verringerung?

Das ist ein ganzer „Blumenstrauß“ an Maßnahmen. Unabhängig von der Leistung stoßen die Kühe in etwa die gleiche Menge an klimaschädlichen Gasen aus. Dies gilt auch beim Futterverbrauch. Somit führt oftmals eine Leistungssteigerung zu besseren Ergebnissen bei der CO2-Bilanz. Aber auch die Verwertung der frischen Gülle als Substrat in der Biogasanlage vermeidet Emissionen. Die danach folgende Ausbringung der Gärsubstrate erfolgt überwiegend durch direkte Injektion in den Boden. Dieses vermindert zum einen den direkten Eintrag klimaschädlicher Gase in die Luft, zum anderen wird durch die bessere Ausnutzung der Nährstoffe weniger Mineraldünger benötigt. Aber auch Maßnahmen wie LED-Beleuchtung, Wärmerückgewinnung, Nutzung von Biogaswärme zur Warmwasserbereitung, automatische Beleuchtungsprogramme oder Eigenstromerzeugung durch Photovoltaik sind weitere Bausteine, um den sogenannten CO2-Fußabdruck positiv zu beeinflussen. Derzeit gibt es einige Forschungsansätze in der Fütterung, durch die man den Methanausstoß der Wiederkäuer beeinflussen kann. Da gilt es die Augen aufzuhalten und diese Ansätze zu begleiten.

Warum spielt Klimaschutz eine übergeordnete Rolle in Ihrer beruflichen Praxis?

Wir Landwirte sind wohl die, die am ehesten die Veränderungen des Klimas direkt spüren. Denn wir leben von und mit der Natur. Zunehmend spüren wir die Herausforderungen und Grenzen, diesen Veränderungen zu begegnen. Sei es zum Beispiel bei der wasserschonenden Bodenbearbeitung oder der Temperaturregulierung über Ventilation und anderer Maßnahmen bei den Kühen.

300 ha von knapp 770 ha werden für die Futternutzung Ihrer Herde genutzt. An Ihre über 600 Milchkühe, 600 Tiere weibliche Nachzucht und 20 Zuchtbullen verfüttern Sie 100 Prozent Grundfutter aus eigenem Anbau. Beachtliche Zahlen. Warum haben Sie sich für diese Art der Futtergewinnung entschieden?

Kühe fressen große Mengen an Grundfutter. Der Zukauf über längere Strecken wird schnell unwirtschaftlich durch hohe Transportkosten. Aber viel wichtiger ist es, dass wir so selber die Qualität des Grundfutters am besten beeinflussen können.

Die Westrup-Koch Milch GbR verfügt über fünf Gesellschafter. Sie beschäftigen insgesamt 13 Arbeitskräfte und sind damit auf Milcherzeugerebene ein großer Arbeitgeber. Worin sehen Sie die Vorteile?

Sowohl die Verteilung der Verantwortung als auch der gesamten Arbeit auf viele Schultern erlaubt es uns, auf der einen Seite ein Höchstmaß an Spezialisierung einzelner Personen zu erreichen und auf der anderen Seite ein sicheres Polster, um Arbeitsspitzen zu bewältigen. Dabei ist es der Mix aus Auszubildenden, zahlreichen Teilzeitjobbern sowie gut ausgebildeten Mitarbeitern, wie zum Beispiel Herdenmanager:innen, die sowohl Fachwissen wie auch Flexibilität mit sich bringen.

Welche Ziele und Wünsche haben Sie für die Zukunft?

Sie haben bei der Preisverleihung des Milchlandpreises einen Teil der nächsten Generation potentieller Hofnachfolger gesehen. Weitere Nachkommen sind in den anderen Gesellschafterfamilien, die schon in der landwirtschaftlichen Ausbildung sind oder Landwirtschaft studieren. Diese bei uns im Unternehmen einzubinden, ist von uns Gesellschaftern Ziel und Wunsch gleichermaßen für die nächsten Jahre.

LVN

Ansprechpartner für diesen Bereich

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Leitung Qualitäts- & Umweltberatung
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Christine Licher
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Lisa Müller
Lisa Müller
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Öffentlichkeitsarbeit & Messen
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