Lena Timmermann im Interview mit der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen e.V. (LVN).
Familie Timmermann gewann 2022 die Bronzene Olga beim Milchlandpreis und bewirtschaftet in Nordloh einen insgesamt 100 Hektar großen Betrieb, davon 60 Hektar Grünland. Auf dem Hof von Rita und Oltmann Timmermann mit Tochter Lena werden 160 Milchkühe und 110 weibliche Nachzuchttiere gehalten. Die Herde erbringt eine sehr gute Milchleistung von rund 10.700 Kilogramm pro Kuh und Jahr bei einem Fettgehalt von 3,86 Prozent und einem Eiweißgehalt von 3,26 Prozent. Die Milch wird an die Molkerei Ammerland eG geliefert.
Lena Timmermann verrät im Interview mit der LVN, warum ihre Familie auf Weidehaltung setzt, was ihnen Tierwohl für die tägliche Arbeit bedeutet und welche Erfahrungen sie im Bereich Öffentlichkeitsarbeit bereits gesammelt haben.
Welche Bedeutung hat für Sie der Gewinn der Bronzenen Olga 2022?
Wir haben überhaupt nicht erwartet, dass wir bei der Teilnahme am Milchlandpreis platziert werden. Dass wir dann auch noch auf den dritten Platz gekommen sind, hat uns alle total überrascht. Der Gewinn der Bronzenen Olga ist somit für uns eine enorme Ehre. Dadurch, dass wir unter anderem auf dem Titelblatt unserer Tageszeitung standen, waren wir sofort in der Öffentlichkeit und haben überall positives Feedback erhalten. Uns wurde sogar beim Einkaufen im Supermarkt gratuliert. Es haben sich so viele Personen mit uns gefreut!
Neben der Unterbringung in zwei Boxenlaufställen setzen Sie bei Ihren 160 Milchkühen und 110 Tieren weiblicher Nachzucht auf Weidehaltung. Warum haben Sie diese Haltungsform für Ihren Betrieb gewählt?
Weidehaltung gibt es schon immer auf unserem Betrieb. Den Trend entgegen der Weidehaltung haben wir nie verstanden. Für uns überwiegen einfach die Vorteile. Mehr Tierkomfort als eine Weide kann man einer Kuh oder einem Rind nicht geben, weil es der natürlichen Haltungsform entspricht. Wir lassen unsere Kühe auch auf die Weide, obwohl wir die Kriterien für das Weidemilchprogramm nicht erfüllen und somit keine Aufwandsentschädigung dafür bekommen. Uns geht das Herz auf, wenn wir erleben wie gerne unsere Tiere draußen sind. Als wir angefangen haben, die Kühe automatisch zu melken, hatten wir erst Bedenken, ob die Kühe rechtzeitig wieder in den Stall zum Melken kommen. Aber wir können nur jedem Roboterbetrieb empfehlen, soweit möglich, den Kühen Weide anzubieten, weil das System Roboter und Weide einwandfrei funktioniert. Auch zukünftig werden wir auf die Haltungsform Weide setzen. Außerdem ist das die Haltungsform, die sich der Verbraucher wünscht und Tiere auf der Weide eine sehr gute Gelegenheit bietet, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.
Die Gutachter heben hervor, wie sehr Sie sich für das Wohl Ihrer Tiere einsetzen. Was schätzen Sie bei der täglichen Arbeit besonders wert?
Einerseits bedeutet Tierwohl für uns, den Kühen maximalen Komfort im Stall zu bieten. Zum Beispiel erreichen wir dies durch bequeme Liegeboxen, viel frische Luft oder Kuhbürsten. Anderseits ist für das Wohl der Tiere das Verhältnis Tier-Mensch ausschlaggebend. Wir kennen jede unserer Kühe, wodurch wir jedes einzelne Kuhverhalten einschätzen können. Bei der täglichen Arbeit schätzen wir das am meisten. Es ist einfach Entspannung bei der täglichen Arbeit, wenn man mit jeder Kuh kuscheln kann und die Kuh es genauso liebt wie man selbst. Dadurch gehen wir jeden Tag mit einem Lächeln durch den Stall, wenn man mit den Kühen als Partner arbeitet. Es ist eine Win-win-Situation den Kühen viel Liebe zu geben, die man genauso zurückerhält.
Gibt es Modernisierungsschritte, die Sie zukünftig auf Ihrem Betrieb angehen möchten?
Als Erstes werden wir in einen automatischen Futteranschieber investieren, um die Grundfutteraufnahme zu erhöhen. Außerdem werden wir im Frühjahr ein Lüftungssystem im Stall installieren, welches automatisch gesteuert werden soll.
Was ist Ihnen in Ihrer täglichen Arbeit wichtig? Welchen Anspruch haben Sie an sich selbst?
In unserer täglichen Arbeit ist es uns besonders wichtig, immer strukturiert zu arbeiten. So sind unsere Arbeitsabläufe in der Regel genau geplant. Natürlich ist es uns jeden Tag wichtig, so motiviert und optimiert wie möglich zu arbeiten. Der höchste Anspruch an uns selbst besteht darin, die besonderen Bedürfnisse der Kühe frühzeitig zu erkennen.
2019 war Ministerpräsident Stephan Weil zu Besuch auf Ihrem Hof. Wie ist es zu dieser Begegnung gekommen?
Als unser Bürgermeister Matthias Huber im Wahlkampf die Möglichkeit hatte, Stephan Weil in unsere Gemeinde Apen einzuladen, hatte er die Idee, dem Ministerpräsidenten einen Milchviehbetrieb zu zeigen. Als er auf uns zu kam, waren wir direkt begeistert und haben den Termin gemeinsam ausgearbeitet. Dazu haben wir eine Betriebsführung vorbereitet und im Anschluss eine Diskussion mit fünf weiteren Junglandwirten aus der Region geführt. Der Besuch war eine große Anerkennung für uns.
Kürzlich haben Sie bei einer Folge des Podcasts StadtLandKuh mitgewirkt. Wie war diese Erfahrung für Sie?
Bei dem Podcast mitzuwirken, war – verglichen mit der alltäglichen Arbeit – eine ganz neue Erfahrung für mich. Bei der Aufnahme hatte ich sehr viel Spaß mit dem Team und war ganz gespannt auf das Ergebnis, weil man selbst der größte Kritiker ist. Als der Podcast dann veröffentlicht wurde, habe ich sehr viele Komplimente erhalten. Das hat mich wirklich sehr gefreut!
Was wünschen Sie sich in den nächsten Jahren für Ihren Betrieb und die Milchwirtschaft in Niedersachsen?
Es wäre wünschenswert, wenn wir betrieblich gesehen, zukünftig ähnlich weiterarbeiten können wie zuvor. Wir wünschen uns den Tierkomfort weiter zu erhöhen, um dadurch eine noch längere Lebensdauer der Kühe zu ermöglichen. Für die Milchwirtschaft in Niedersachsen wünschen wir uns weiterhin eine positive Anerkennung in der breiten Öffentlichkeit. Es wäre schön, mit den Verbrauchern auf Augenhöhe zu diskutieren und ihnen die Realität auf einem Milcherzeugerbetrieb nahezubringen. Zudem wünschen wir uns für die gesamte Milchwirtschaft sinnvolle gesetzliche Änderungen und einen wirtschaftlichen Milchpreis.
LVN
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