Information zum Beitrag“Wie gesund ist Milch wirklich?“ in Sendung Markt in N3

27. Januar 2006

Information zum Beitrag“Wie gesund ist Milch wirklich?“ in Sendung Markt in N3

Am Montagabend lief in der Sendung Markt in N3 ein Beitrag zum
Thema“Wie gesund ist Milch wirklich?“, der das angesprochene Thema
erschreckend einseitig beleuchtete. Leider kamen keine Interviewpartner
renommierter,öffentlicher Institute zu Wort, sondern Personen, die nach
Internetrecherchen keinerlei Ernährungsexperten sind.
Sollten Sie Anfragen erhalten, die nach den angesprochenen Fakten fragen,
empfehlen wir Ihnen, den nachfolgend abgedruckten Text zu nutzen oder die
Anfragen direkt an uns weiter zu leiten.
Für unsere Molkereien haben wir weitergehende Informationen auf unserer
Homepage www.milchland-niedersachsen.de 

Nachfolgend einige Ausführungen der Bundesforschungsanstalt
für Ernährung und Lebensmittel (BfEL) zum Thema:
Kann Milch Krebs fördern?
Diese Frage wird seit vielen Jahren untersucht, und einer ganzen Reihe
epidemiologischer Studien konnte eine positive Assoziation zwischen dem
Milch(produkte)verzehr und der Inzidenz von Prostatakrebs gezeigt werden. Eine
vergleichbar große Zahl von Untersuchungen zeigte allerdings keinen Effekt.
Die Ätiologie des Prostatakarzinoms ist noch weitgehend unbekannt, doch gelten
Übergewicht und eine hohe Zufuhr von Energie und Fetten, insbesondere von
gesättigten oder auch von a-Linolsäure als Risikofaktoren. Auch eine hohe
Calciumzufuhr wird als Risikofaktor für das Prostatakarzinom angenommen
(Zielkonflikt mit Osteoporoseprävention), wobei damit argumentiert wird, dass
sie den Vitamin D-Spiegel im Plasma senkt. Das amerikanische Institute for
Cancer Research (WCRF/AICR(1997) Food, nutrition and the prevention of cancer:
a global perspective. World Cancer Research Fund, London and American Institute
for Cancer Research, Washington) kam vor einigen Jahren zu dem Schluss, dass ein
hoher Verzehr fettreicher Milchprodukte und/oder eine hohe Calciumaufnahme ein
Risikofaktor sein könnte, die widersprüchliche Datenlage aber keine
endgültige Aussage erlaube.
Wenn, wie im Beitrag gesagt, 3 x 5g Butter das Prostatakrebsrisiko in gleicher
Weise steigern sollen (um 9%) wie 3 große (244 ml) Gläser Milch, so spräche
dies eher gegen die Calciumhypothese, da Butter nur wenig Calcium enthält.
Außerdem weisen die Autoren der Studie auf die bekannten positiven Wirkungen
von Milch und Milchprodukten in Bezug auf Osteoporose, Bluthochdruck und
Dickdarmkrebs hin. Die Empfehlung an das amerikanische Gesundheitssystem lautet,
die Zufuhrempfehlungen bezüglich Milch und Milchprodukten allenfalls für
ältere Männer zu revidieren.

Millionen vertragen keine Milch
Ca. 80% der Weltbevölkerung verlieren mit dem Erwachsenwerden (was in einigen
Regionen der Erde schon ab dem 4. Lebensjahr beginnen kann) mehr oder weniger
ihre intestinale Laktaseaktivität und damit die Fähigkeit Milchzucker zu
verdauen (Laktose-Malabsorption). Unverdaute Laktose gelangt in den Dickdarm, wo
sie der Darmflora als Fermentationssubstrat dient. Dies führt bei einem Teil
(dessen Anteil weltweit gesehen nicht bekannt ist) zu typischen Beschwerden wie
starker Gasentwicklung und Blähungen, Unterleibsschmerz oder Durchfall. Selbst
unter diesen laktoseintoleranten Personen gibt es viele, die zumindest kleine
Mengen Milch (£200 ml) langsam und im Rahmen einer Mahlzeit verzehrt,
beschwerdenfrei vertragen. Fermentierte Milchprodukte werden von
Laktosemalabsorbern meist besser als Milch vertragen, und in Milchprodukten wie
Schnittkäse, Butter oder laktosearmer- bzw. laktosefreier Milch ist nur wenig
oder kein Milchzucker enthalten.
In Nord- und Mitteleuropa sowie in den von hier stammenden Bevölkerungsgruppen
Nordamerikas und Australien/Neuseelands ist der Anteil der Laktosemalabsorber
viel niedriger, er liegt zwischen 3 und 20%. In Deutschland zählen rund 15% der
erwachsenen Bevölkerung zu den Laktose-Malabsorbern, in Immigrantengruppen
liegt, je nach Herkunft, der Anteil höher. Nur rund die Hälfte der
Laktosemalabsorber verspürt nach Milchverzehr die oben genannten Beschwerden,
ist also laktoseintolerant. Aber auch diese Personen müssen auf Milch nicht
verzichten; fermentierte Milchprodukte werden meist gut vertragen, Butter und
gereifte (Schnitt)Käse enthalten wenig bis gar keine Laktose, und durch
Hydrolyse von der Laktose befreite Milch ist seit längerem auf dem Markt.
Insgesamt stellt Laktosemalabsorption kein Problem dar und ist auch nicht mit
verborgenen Risiken behaftet: wer auf Grund des Laktoseverzehrs Beschwerden
verspürt, verzichtet auf den Verzehr laktosereicher Lebensmittel und kann dabei
auf die oben genannten Produkte zurückgreifen.

Offenbar hat die Fernsehredaktion versucht, diese
unspektakuläre Aussage etwas“aufzumotzen“und jedem Zuschauer, der
bislang der Auffassung war, er vertrüge Milch, ein auf ihn anwendbares
Symptomebild zu liefern. Dazu hat sie, ohne es für den Laien kenntlich zu
machen, Laktoseintoleranz und Kuhmilchallergie durcheinander geworfen und die
Häufigkeit von Laktosemalabsorption mit der Symptomatik von Kuhmilchallergie
gekreuzt. Dr. Reckel testet auf Milchallergie, und der Gentest wird nicht für
den Nachweis einer Laktosemalabsorption benötigt, ein einfacher, nicht
invasiver Atemwasserstofftest liefert in der Regel ebenfalls die notwendige
Information. Ansonsten bleibt festzuhalten, dass prinzipiell jedes Lebensmittel
unter ungünstigen Umständen eine Allergie auslösen kann und dass dieses
nichts damit zu tun hat, ob es sich um ein“gesundes“oder“ungesundes“Lebensmittel handelt

Milch kann Kinder dick machen
Dasselbe redaktionelle Prinzip schein auch dem letzten Abschnitt zu Grunde zu
liegen. Die Tatsachen, dass Milch ca. 4,5% Laktose enthält, oder dass sich Kuh-
und Muttermilch voneinander unterscheiden (unterschiedlicher Wachstumsleistungen
und somit Nährstoffansprüchen von Kalb und Säugling) und daher Kuhmilch in
den ersten Lebensmonaten für den Säugling nicht geeignet ist, sondern
zunächst adaptiert werden muss, sind seitüber 100 Jahren bekannt. Offenbar um
trotzdem etwas spektakuläreres bringen zu können, wurde die Aussage des
Kinderarztes in der Sendung grob verfälscht. Dieser hatte vor übermäßig
zucker- und fettreichen Produkten gewarnt, die durch Zusatz von ein Wenig aus
der Milch werbemäßig, aber nichtgesundheitlich aufgewertet würden. Er hatte
aber nicht, wie die Redaktion, vor Milch gewarnt.
Auch die Aussage, Milch würde viel Zucker enthalten, ist in diesem Zusammenhang
irreführend. Zum einen ist, was die ernährungsphysiologische Wirkung angeht,
Laktose mit Haushaltszucker nicht zu vergleichen. Zum anderen klingen die 45 g
Laktose, die natürlicherweise in einem Liter Milch enthalten sind, zwar
gewaltig, entsprechen aber nur 4,5%. Damit enthalten die meisten Getränke – mit
Ausnahme von Mineralwässern, ungesüßtem Kaffee oder ungesüßten Tees – mehr
Zucker (bzw. eine äquivalenteMenge Alkohol) als Milch.
Darüber hinaus liegen zahlreiche Untersuchungen vor, die dafür sprechen, dass
ein höherer Milchverzehr eher mit geringerem Übergewicht und dessen
Folgeerkrankungen verbunden ist, vor allem mit dem Metabolischen Syndrom.

Die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) rät in ihren“10 Ernährungsregeln“, täglich Milch und Milchprodukte (Milch /
Joghurt 200-250 g, Käse 50-60g), am besten fettarme Produkte, zu verzehren.
LVN/Kindler

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