Die Mitgliederversammlung 2021 der LVN tagte am 4. November

Zunehmende Herausforderungen aus Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft für alle Akteure der niedersächsischen Milchwirtschaft

05. November 2021

Anlässlich der diesjährigen Mitgliederversammlung in Hannover stellte die Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen e.V. (LVN) ihre Aktivitäten in den Bereichen Qualitätsförderung, Marktentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit für das Jahr 2021 umfassend vor. An der Veranstaltung am 4. November 2021 nahmen rund 100 Gäste teil – darunter die Vertreter der 20 LVN-Mitgliedsorganisationen, zu denen Bauern-, Molkerei-, Gewerkschafts- sowie Verbraucherverbände gehören.

Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz als wichtige Schwerpunktthemen

„Die Milchwirtschaft in Deutschland befindet sich in einem beschleunigten Entwicklungsprozess und steht vor großen Herausforderungen. Wirtschaftlich. Ethisch. Gesellschaftlich. Politisch. Insbesondere mit Blick auf das Thema Nachhaltigkeit, steht die Milch in bestimmten Kreisen immer wieder in der Kritik.“, eröffnet Jan Heusmann, Vorstandsvorsitzende der LVN, seine Rede auf der Mitgliederversammlung 2021. „Fakt ist: Die Milchbranche ist seit Jahren beim Thema Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz engagiert.“ In der gesamten Kette von der Erzeugung bis zur Verarbeitung werden zahlreiche Anstrengungen unternommen, die Klimaauswirkungen der Milchproduktion zu reduzieren. Die für die Milcherzeugung hervorragenden Umweltbedingungen und das gute Know-how der Milcherzeuger tragen dazu bei, dass der CO2-Fußabdruck der deutschen Milcherzeugung zu den geringsten im weltweiten Vergleich zählt.

Als Teil der Wahrheit ist aber auch anzuerkennen, dass nach unserem heutigen Wissen der CO2-Fußabdruck der Milcherzeugung nicht auf null gebracht werden kann. Ist dieser Fakt bereits ein Handicap in der Kommunikation? Oder liegt in einer ganzheitlichen Betrachtung der Landwirtschaft vielmehr eine Chance? Der stellvertretende Vorstand der LVN Herbert Heyen erklärt: „Die LVN wird weiterhin genau diese Themen gemeinsam mit den niedersächsischen Milchbauern und Molkereien ganz gezielt in den Fokus nehmen: Mit vielfältigen Projekten und Initiativen wird die LVN Impulse setzen.“

Startschuss für das Projekt „Klimabilanz Milchviehbetriebe“

Ein wichtiger Schritt, um die bevorstehenden Aufgaben aus Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft gemeinsam mit allen Beteiligten der Milchwirtschaft anzugehen und erfolgreich voranzutreiben, wird mit dem jüngsten Projekt „Klimabilanz Milchviehbetriebe“ begangen. Ziel ist es, dass Landwirte sowohl ihren individuellen CO2-Fußabdruck erfassen, als auch einen Vergleich zu einer breiten Grundgesamtheit anstellen können. Aktuell wurde ein Arbeitskreis seitens der LVN gegründet, der die Konzeptionierung und Umsetzung dieses Projektes in den nächsten Monaten zur Aufgabe hat.

Staatssekretär Prof. Dr. Ludwig Theuvsen und Landvolkpräsident Dr. Holger Hennies treffen in ihren Beiträgen den „Nerv der Zeit“

Prof. Dr. Ludwig Theuvsen, Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, folgte der Einladung der LVN und hielt auf der Mitgliederversammlung 2021 neben seinem Grußwort ebenfalls einen Gastvortrag zum Thema „Agrarpolitik im Umbruch“ an die geladenen Gäste. In seinem Vortrag ging Dr. Theuvsen gezielt auf die Auswirkungen auf die Milchwirtschaft in Niedersachsen ein. Er rief zum Zusammenhalt zwischen allen landwirtschaftlichen Akteuren in Niedersachsen auf: „Die Landwirtschaft steht vor vielfältigen Herausforderungen. Die Gesellschaft hat heute höhere Anforderungen, was die Nachhaltigkeit und mehr Tierwohl angeht. Diese Herausforderungen können wir nur gemeinsam angehen, denn die Landwirtschaft geht uns alle an! Ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingt – damit in Niedersachsen auch in Zukunft erfolgreich Milch erzeugt wird.“

Landvolkpräsident Dr. Holger Hennies wies auf die Folgen der EU-GAP hin: „Für unsere Milchbauern gibt es Licht und Schatten. Die Preise steigen zwar seit Februar dieses Jahres, werden aber durch hohe Erzeugungskosten wieder aufgesogen. Das ist schade, denn die Perspektiven insbesondere der Milchvieh haltenden Betriebe in den Grünlandregionen Niedersachsens sind ungewiss. Mit viel Mühe und Hartnäckigkeit ist es uns zuletzt gelungen, die völlig überzogenen Vorgaben aus dem Insektenschutzpaket des Bundes für viele Gebiete zu entschärfen. Jetzt ist dieses Ergebnis aber erneut gefährdet durch mögliche Vorgaben im Rahmen der Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik durch die deutsche Bundesregierung. Das betrifft vor allem unsere Milchbauern. Wir wollen vernünftige Lösungen statt einer massiven Benachteiligung des Grünlandes.“

Markt verzeichnet alarmierend rückläufige Entwicklungen bei der Milchanlieferung

LVN-Geschäftsführer Frank Feuerriegel betont die Brisanz der aktuellen Entwicklungen auf dem niedersächsischen Milchmarkt. So sei die Milchanlieferung in 2021 saisonal überdurchschnittlich fallend: „Die aktuelle Rohstoffmenge befindet sich seit einigen Wochen auf einem Dreijahrestief, obwohl der saisonale Tiefpunkt der Anlieferung noch nicht erreicht ist. Auch die Inhaltsstoffsituation gestaltet sich als vergleichsweise schwach, da der Fettgehalt der Anlieferungsmilch in Niedersachsen im Jahresmittel deutlich abgenommen hat.“ Darüber hinaus ist die Ausbeutesituation aufgrund niedriger Eiweißgehalte in der Rohmilch für die Käseherstellung ungünstig. Es wird deutlich mehr Rohstoff benötigt, um 1 kg Käse herstellen zu können. Produktionssteigerungen im 2. Halbjahr sind demnach kaum möglich. Rohmilchzukäufe zur Steigerung der Käseproduktion sind aufgrund der hohen Spotpreise außerdem unwirtschaftlich. Deutschlandweit und im EU-Raum zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung des Milchmengenwachstums ab. Außerhalb der EU steigen hingegen die Erzeugungsmengen überwiegend, wobei sich das Wachstum mittlerweile in vielen Regionen der Welt abgeschwächt hat.

Die Exportnachfrage innerhalb der EU und aus Drittländern befindet sich auf einem hohen Niveau. Zusätzliche Anfragen können bereits nicht mehr bedient werden, teilweise ist die Erfüllung laufender Kontrakte nur noch mit zeitweisen Kürzungen und Verschiebungen möglich. Im Hinblick auf das Feiertagsgeschäft könnte es eng werden. „Die Nachfrage nach Milchfrischprodukten ist im Inland und innerhalb der EU als positiv zu bewerten. Der Käsemarkt entwickelt sich zunehmend zum Anbietermarkt mit steigenden Preisforderungen, die von Käufern akzeptiert werden.“, so Feuerriegel. Insgesamt herrsche eine sehr stabile Situation, die aber von großer Knappheit in allen Produktsegmenten geprägt ist und dadurch natürlich Unruhe und Nervosität auf die Märkte bringt. Weitere Preissteigerungen beim Käse, Pulver und Butter würden letztendlich auch zu steigenden Milchauszahlungspreisen für die Erzeuger führen. Der durchschnittliche Auszahlungspreis für das Jahr 2020 werde nach ersten Schätzungen in einem Bereich zwischen 35,50 und 35,70 Cent/kg liegen. Im Vergleich zum Vorjahr falle das Ergebnis gut 3,5 Cent höher aus. Deutlich steigende Futter-, Dünger- und Energiekosten trüben auf der Kostenseite aber leider das Bild aus Erzeugersicht ein. 

Kommunikation | Emotion | Information – Neue Chancen in unsicheren Zeiten

Christine Licher, Leiterin Öffentlichkeitsarbeit der LVN, unterstreicht die Kommunikationsziele der LVN, Botschaften transparent, zukunftsgerichtet und mit Leidenschaft an die Zielgruppen heranzutragen: „Dabei geht es vorrangig darum, den Verbraucher faktenorientiert zu informieren, aber auch emotional mit Geschichten zu erreichen. Denn Kommunikation ist Beziehungsarbeit: Nur, wer Beziehungen aufbaut und pflegt, kann Vertrauen stärken“. Milch ist ein besonderes und vielseitiges Produkt, welches gerade in den letzten Jahren gesellschaftlich immer mehr Aufmerksamkeit erfährt. Wissenschaftlich basierte Fachgesellschaften weisen ganz klar auf den Gesundheitswert von Milch im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung hin. Auch in der sogenannten Planeten-Diät, in der Wissenschaftler Empfehlungen geben, wie jeder genügend Nährstoffe zu sich nehmen kann, ohne der Umwelt zu schaden, finden Milch und Milcherzeugnisse ihren Platz. „Dennoch gibt es Menschen, die Vorbehalte gegenüber Milch haben. Das hat vielfältige Gründe: Immer weniger Menschen machen eigene Erfahrungen mit Land- und Milchwirtschaft sowie Nutztierhaltung. Das verändert das Verhältnis zur Landwirtschaft und führt nicht selten auch zu ganz falschen Bildern von unserer Milchwirtschaft. Hier setzen wir in der Öffentlichkeitsarbeit an.“, so Licher weiter.

Auch in 2020 und 2021 galt es die Akzeptanz der niedersächsischen Milchwirtschaft und ihrer Produkte zu fördern. Trotz zahlreicher Absagen im Veranstaltungs- und Messebereich entwickelte die LVN frische, kreative Ideen und setzte sie unmittelbar in die Tat um. So fanden öffentlichkeitswirksame Events, wie der 20. Milchlandpreis, erstmals im hybriden Format statt; Messen wie die EuroTier und IdeenExpo 2021 gänzlich online. Neben dem umfangreichen Programm auf der Website www.milchland.de, der Eröffnung des Webshops und einer intensivierten Ansprache auf Social Media wurden neue Kanäle wie Pinterest erschlossen. Auch Online-Vorträge in den Bereichen Ernährung und Nachhaltigkeit fanden großen Anklang bei den Beteiligten. Licher resümiert: „Verstärkte Online-Kompetenz, Flexibilität und Ideenreichtum werden unsere Arbeit weiter bestimmen und unsere Öffentlichkeitsarbeit vorantreiben“.

Wahlen, Prüfungen und Finanzpläne

Wahlen, Prüfungen und Finanzpläne

Torben Lange von der NWPG Treuhand GmbH – Wirtschaftsprüfungsgesellschaft berichtete im weiteren Verlauf der Tagesordnung über die Prüfung der Jahresrechnung und der Jahresabschlüsse für das Rechnungsjahr 2020 mit uneingeschränkt erteiltem Bestätigungsvermerk. Rechnungsprüfer Hartmut Börger informierte über eine beanstandungsfreie Kassenprüfung. Die Genehmigung der Jahresrechnung und des Jahresabschlusses erfolgten ebenso einstimmig wie die Entlastung des Vorstandes und der Geschäftsführung. Als Kassenprüfer für das Jahr 2022 wurde Hartmut Börger im Amt bestätigt und Torsten Flade neu gewählt. Weiterhin sprach sich die Mitgliederversammlung einstimmig für die erneute Beauftragung der AWADO Deutsche Audit GmbH betreffend der Prüfung der Jahresrechnung 2021 aus.

Einen umfassenden Überblick über die Umlageverwendung 2022 gab im Anschluss Silke Heise. Dabei ging sie auf die Einnahmen- und Ausgabensituation des Umlageverwendungsplans sowie des LVN-Wirtschaftsplans (institutionelle Förderung) ein. Sie berichtete über die einzelnen Titelansätze und die daraus zu finanzierenden Maßnahmen. Im Jahr 2022 würden auf Basis von 5,8 Mio. Tonnen Anlieferungsmilch gut 2,61 Mio. Euro Umlage, bei einem Hebesatz von 45 Cent/Tonne, aufkommen. Der vorgelegte Umlageverwendungsplan und der Wirtschaftsplan für das Haushaltsjahr 2022 wurden von der Mitgliederversammlung einstimmig genehmigt. Er wird als Vorschlag bei der Bewilligungsbehörde eingereicht. Ebenfalls einstimmig erfolgte der Beschluss zur Änderung der Vereinsordnung in Hinblick auf die Geschäftsführung durch eine Person sowie der Beschluss zur Bestellung neuer, von den Mitgliedsorganisationen vorgeschlagenen Mitgliedsvertretern.


Unser aktueller LVN-Jahresbericht 2020/2021 ist nun abrufbar.

Bildergalerie – Mitgliederversammlung 2021

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