Extreme Preissteigerungen prägen globalen Milchmarkt

Trendumkehr für Milcherzeugung am Standort Deutschland?

21. Januar 2022

Sehr deutliche Preissteigerungen auf den Futtermittelmärkten wirken mittlerweile weltweit in vielen Regionen auf die Milcherzeugung.

Die Milcherzeugung in den USA lag nach Angaben der ZMB in den Monaten Januar bis November 2021 1,8 Prozent über dem Vorjahr. Während das Jahr in Nordamerika mit einer signifikanten Milchmengensteigerung begann, fand ab September 2021 eine deutliche Trendumkehr statt. Seit September bewegt sich die Milchanlieferung in den USA auf oder zunehmend deutlicher unter der Vorjahreslinie. Ähnliche Entwicklungen in abgeschwächter Form sind aus Kanada zu vermelden.

Auf dem südamerikanischen Kontinent sorgen steigende Kosten für Energie und Futter sowie eine Hitzeperiode für eine Abschwächung des Milchmengenwachstums. Die Milcherzeugung in Neuseeland bewegte sich von Juni bis November 2021 ebenfalls fast 3 Prozent unter der Vorjahreslinie. In Australien wird die Vorjahreslinie seit Juli 2021 ebenfalls um 2,4 Prozent unterschritten.

Auch in der EU-27 bewegt sich die Milchanlieferung der letzten Monate unterhalb der Vorjahreslinie. Die großen Milchländer Deutschland, Frankreich und die Niederlande verlieren innerhalb der EU Marktanteile, wobei Irland und Italien die größten Mengenzuwächse in 2021 zu verzeichnen hatten.

Die mangelnden Verfügbarkeiten im Düngemittelsektor und in der Logistik, die weiterhin vergleichsweise hohen Kosten für Kraftfutter sowie das hohe Preisniveau für Energie (Gas, Strom, Kraftstoff) lassen erwarten, dass die Preisspirale im Lebensmittelsektor weiter hochdrehen wird.

Abgesehen von exorbitant hohen Preisen wird über Zuteilungen von Kalkammonsalpeter deutlich unter dem Bedarf vieler Betriebe berichtet. Es ist zu befürchten, dass viele Milcherzeuger in den Grünlandregionen, die ohnehin bereits einen massiven Kostendruck verspüren, in 2022 um ihre Futtererträge bangen müssen und letztendlich keine Entspannung über auskömmliche und qualitativ hochwertige Grundfuttererträge erwarten können.

Zudem wird der Molkereisektor durch steigende Energiepreise, Störungen in der Logistikkette sowie pandemiebedingte Marktverwerfungen, und daraus resultierende Preissteigerungen in der Beschaffungskette, stark belastet. Die Einführung zusätzlicher Haltungsformstandards im Laufe des Jahres 2022 im Bereich Milch führt zudem zu einem zusätzlichen Kostenaufwand in der Branche, der durch die weitere Aufspaltung der Warenströme im Bereich der Erfassungslogistik sowie der Verarbeitung ausgelöst werden wird. Die steigenden Haltungsanforderungen lassen mittel- bis langfristig auf Ebene der Milcherzeugung erwarten, dass die ohnehin bereits festzustellende Trendumkehr in Richtung rückläufiger Erzeugungsmengen in Deutschland weiter voranschreiten könnte.

Grafik zum Deutschland Trend der Milcherzeugung
Quelle: ZMB, gleitende Zwölfmonatsmittel der Milchanlieferung

Ein verlässlicher Planungshorizont und Fördermaßnahmen, die flächendeckend Anreize schaffen, die Tierhaltung in Richtung höherer Standards weiterzuentwickeln, könnten dabei helfen, den aktuellen rückläufigen Trend zu durchbrechen. Hierzu gibt das Thünen Working Paper 173 „Politikfolgenabschätzung zu den Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung“ erstaunlich klare Antworten:

„Wenn der gesamte Nutztiersektor einbezogen wird und zugleich eine Verlagerung der Nutztierhaltung an ausländische Standorte verhindert werden soll, ist es zwingend erforderlich, dass der Staat allen tierhaltenden Betrieben eine vertraglich abgesicherte Tierwohlprämie anbietet.“ (Quelle: Thünen-Institut)

Eine Weiterentwicklung der Nutztierhaltung, unabhängig vom Vermarktungsweg und mit einem verlässlichen Planungshorizont, erscheint über eine abgesicherte staatliche Tierwohlprämie weitaus erfolgversprechender als die derzeit marktgetragenen Ansätze über die Haltungsformstufen des deutschen Lebensmitteleinzelhandels.

LVN/Feuerriegel

Ansprechpartner für diesen Bereich

Frank Feuerriegel
Dipl.-Ing. Milch- und Molkereiwirtschaft 

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