Übertragungswege von Mastitis-Erregern in der kuhgebundenen Kälberaufzucht

Zwischenergebnisse aus einer Praxisstudie

12. Juli 2024

In einem Teilbereich des Verbundprojekts „KaeKNatGeP – Kälberaufzucht an der Kuh: natürlich, gesund und praktikabel“ wird untersucht, welche Rolle die Kälber bei der Übertragung von Mastitis-Erregern auf die Mütter bzw. Ammen spielen.

Einleitung und Zielsetzung

In einem Milchviehbetrieb ist die Kälberhaltung von zentraler Bedeutung und beeinflusst maßgeblich den langfristigen Erfolg und die Nachhaltigkeit des Betriebs. Der Großteil der Kälber wird kurz nach der Geburt von der Kuh getrennt und mit Hilfe von Eimertränken oder Tränkeautomaten aufgezogen. In der kuhgebundene Kälberaufzucht hingegen bleiben die Kälber für einen längeren Zeitraum entweder bei ihren Müttern oder werden von Ammenkühen aufgezogen.

Das BLE-Projekt „KaeKNatGeP – Kälberaufzucht an der Kuh: natürlich, gesund und praktikabel“ beschäftigt sich mit verschiedenen Aspekten der kuhgebundenen Kälberaufzucht. In einem Teilbereich des Verbundprojekts, geleitet von Bioland und in Zusammenarbeit mit dem Thünen Institut, Demeter im Osten und der Hochschule Hannover, wird untersucht, welche Rolle die Kälber bei der Übertragung von Mastitis-Erregern auf die Mütter bzw. Ammen spielen.

Material und Methoden

Für diesen Teilbereich des Projekts wurden von Juni 2023 bis Februar 2024 bisher Daten aus 13 Bio-Betrieben in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen erhoben und ausgewertet. Es wurden Milchproben von Kühen (Mütter/Ammen) und Speichelproben von den zugehörigen Kälbern entnommen. Die Proben wurden im Labor der Hochschule Hannover untersucht. Mit einem speziellen Gerät, der MALDI-TOF MS (Bruker Daltonics GmbH & Co. KG, Bremen, Deutschland), wurden die Erreger in den Proben identifiziert. Anschließend wurde für jedes Kuh/Kalb-Paar untersucht, ob die gleichen Erreger sowohl in den Milchproben als auch in der Speichelprobe gefunden werden können.

Ergebnisse und Diskussion

Im Untersuchungszeitraum wurden insgesamt 238 Kuh/Kalb-Paare betrachtet. Gefundene Übereinstimmungen zwischen den Erregern in den Speichel- und in den Milchproben sind in Abbildung 1 dargestellt.

Die häufigsten Übereinstimmungen zwischen den Erregern in den Speichelproben der Kälber und den Milchproben ihrer Mütter/Ammen wurden für Nicht-aureus Staphylokokken (NaS, ehemals KNS) gefunden. Je vier Übereinstimmungen gab es für Staphylococcus (S.) aureus und Pasteurella (P.) multocida.

Die NaS sind eine Gruppe von Erregern, die in der Milch oft nachgewiesen werden. Sie gehören zu den Hautbesiedlern, kommen aber auch in der Umgebung der Kühe vor. Die Erreger aus dieser Gruppe können vor allem subklinische Mastitiden verursachen. Die häufigsten Übereinstimmungen wurden für Staphylococcus sciuri nachgewiesen. Dieser Erreger scheint nach aktueller Kenntnislage nicht stark pathogen zu sein und eher kurze Infektionen zu verursachen.

S. aureus gehört zu den Erregern, die überwiegend beim Melken übertragen werden. Eine Übertragung ist aber vermutlich auch beim Saugen möglich. Ein größeres Problem sind jedoch vermutlich Zitzenverletzungen, die häufig durch das Saugen der Kälber entstehen. Diese Verletzungen stellen ein Reservoir für S. aureus dar. Wenn die Kälber kuhgebunden aufgezogen werden, gibt es im Betrieb potenziell mehr Kühe mit Zitzenverletzungen und S. aureus kann sich leichter verbreiten.

Abb. 1: Übereinstimmungen der gefundenen Erreger der 238 untersuchten Kuh/Kalb-Paare.

Übereinstimmungen der gefundenen Mastitis-Erreger der 238 untersuchten Kuh/Kalb-Paare.

*Nicht-aureus Staphylokokken

P. multocida ist ein Erreger, der an Atemwegserkrankungen bei Kälbern beteiligt ist. Er kann jedoch auch teils schwere Mastitiden bei Kühen verursachen. Seit den 1960er Jahren spielt er als Mastitiserreger kaum noch eine Rolle. Zu Problemen mit Mastitiden kommt es nur auf Betrieben, auf denen die Kälber an den Zitzen der Kühe saugen dürfen. Der Erreger kann durch das Saugen von der Maulhöhle auf die Zitzen übertragen werden, was auch bereits in vorherigen Studien gezeigt werden konnte (Barnum 1954, Köllmann et al. 2022).

Schlussfolgerungen

Die Ergebnisse der Untersuchung der Speichel- und Milchproben deuten darauf hin, dass Mastitis-Erreger während des Saugens übertragen werden können. Interessant ist vor allem die Rolle der Kälber als Überträger pathogener Erreger, die normalerweise in den oberen Atemwegen zu finden sind, jedoch auch schwere Mastitiden verursachen können. Besonders im Hinblick auf die interne Biosicherheit in Betrieben mit kuhgebundener Kälberaufzucht stellt dieser Übertragungsweg eine bedeutende Herausforderung dar.

Danksagung und Förderhinweis

Wir danken den beteiligten LandwirtInnen für ihre Mithilfe und Zeit. Das Verbundprojekt ist Teil des Bundesprogramms Nutztierhaltung. Die Förderung erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages, Projektträger ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), Förderkennzeichen: 28N205102.

Autoren:

F. Preine1, Y. Zhang1, J. Kortstegge1, N. Wente1, V, Krömker2

1Hochschule Hannover, Fakultät II, Abteilung Bioverfahrenstechnik, Mikrobiologie

2Universität Kopenhagen, IVH, Produktion, Ernährung und Tiergesundheit

E-Mail: franziska.preine@hs-hannover.de

Literatur:

  • Barnum, D.A. A herd outbreak of mastitis caused by Pasteurella Multocida. Can. J. Comp. Med. 1954, 18, 113–119.
  • Köllmann K, Wente N, Zhang Y, Krömker V. Investigations on Transfer of Pathogens between Foster Cows and Calves during the Suckling Period. Animals (Basel). 2021 Sep 19;11(9):2738. doi: 10.3390/ani11092738. PMID: 34573704; PMCID: PMC8469241.

In ihrer neuen Rubrik „Neues aus der Wissenschaft“ stellt die Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen e.V. (LVN) ab sofort praxisrelevante wissenschaftliche Forschungsarbeiten und -ergebnisse aus der gesamten Wertschöpfungskette der Milch durch Forschende vor. Themenvorschläge oder auch Manuskripte können gerne per Mail an die LVN geschickt werden.

Preine et al./LVN

Ansprechpartner für diesen Bereich

Dr. Jan-Hendrik Paduch
Jan-Hendrik Paduch
Dr. agr. Dipl.-Ing. Milchwirtschaftliche Lebensmitteltechnologie  
Geschäftsführung
0511 / 85653-10
paduch@milchland.de

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