Auf dem Hof Schulte sind Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Technisierung große Themen

Hofübergabe gibt viel Sicherheit und Selbstvertrauen

19. März 2020

Die drei Generationen (zwischen 2 und 64 Jahren) der Familie Schulte nahmen im Dezember 2019 die „Bronzene Olga“ für ihren nachhaltig geführten Betrieb in Empfang.

©privat

Was bedeutet Nachhaltigkeit für den Hof und wie sieht der 27-jährige Andy Schulte die Zukunft? Die LVN hat beim frisch gebackenen Hofnachfolger nachgefragt.

LVN: Sie haben sich zum ersten Mal für den Nachhaltigkeitspreis der niedersächsischen Milchwirtschaft, den Milchlandpreis, beworben. Warum und warum jetzt?

Andy Schulte: Gespielt habe ich schon oft mit dem Gedanken beim Milchlandpreis mitzumachen. Als wir im Jahr 2018 den Staatsehrenpreis für besondere Leistungen in der Tierzucht verliehen bekommen haben, wurde uns mehrfach gesagt, dass wir beim Milchlandpreis mitmachen sollen. Als der Fragebogen dann im Frühjahr kam und meine Frau mich endgültig überzeugte, habe ich den Fragebogen ausgefüllt. Für mich persönlich ist der Preis auch eine Chance der Öffentlichkeit zu zeigen, was für gute Arbeit wir Landwirte Tag für Tag verrichten.

LVN: Was bedeutet nachhaltige Landwirtschaft für Sie und die Schulte GbR? Was tun Sie konkret zum Thema Nachhaltigkeit?

Andy Schulte: Nachhaltigkeit ist für uns Landwirte ein enorm wichtiges Thema, das uns jeden Tag begleitet. Wir müssen nachhaltig wirtschaften, um unsere Zukunft zu sichern und auch in Zukunft wertvolle und qualitativ hochwertige Lebensmittel herzustellen. Wir achten auf unsere Böden und auf unsere Tiere, um auch in den kommenden Jahrzehnten vernünftige und verantwortungsvolle Landwirtschaft betreiben zu können. Nachhaltiges Betreiben der Landwirtschaft bedeutet für mich, dass ich der Ökologie auch das zurückgebe, was ich entnommen habe. Bestes Beispiel ist hier der Acker mit seinen Nährstoffen. 

Wir achten darauf, dass wir nicht über- bzw. unterdüngen. Wir geben dem Boden und den Pflanzen, was sie benötigen, um zu wachsen und schädliche Stoffe, wie Kohlendioxid zu binden. Wir haben eine große Photovoltaikanlage auf unseren Dächern. Damit erzeugen wir Strom, der ins allgemeine Stromnetz eingespeist wird. Momentan beschäftigen wir uns damit, eine Anlage für den Eigenverbrauch, eventuell mit Speicher, in Betrieb zu nehmen. Unsere Tiere fühlen sich bei uns sehr wohl und bleiben lange bei uns auf dem Hof. Auch das gehört für uns zum nachhaltigen Wirtschaften.

LVN: Sie haben vor wenigen Wochen den Hof Ihrer Eltern übernommen – mit 27 Jahren. War das der richtige Zeitpunkt und warum?

Andy Schulte: Ich denke das war der richtige Zeitpunkt. Mein Vater wird 65. Die letzte Investition im Milchviehbereich haben wir gemeinsam entschieden und umgesetzt, den Anbau eines neuen großen Boxenlaufstalls. Ich trage jetzt mehr Verantwortung. Das spüre ich natürlich. Aber die Hofübergabe gibt mir auch viel Sicherheit und Selbstvertrauen. Die Zeiten haben sich stark verändert. Wir Landwirte müssen uns an so viele Dinge anpassen. Die Veränderungen und Rahmenbedingungen werden immer schnelllebiger. Den jüngeren Generationen fallen diese schnellen Änderungen vielleicht doch leichter. Auch deshalb finde ich es richtig und gut, dass bei uns der Generationenwechsel stattfand.

LVN: Was ist seit der Hofübernahme anders?

Andy Schulte: Also eigentlich ist alles beim Alten geblieben. Mein Vater zog sich in den letzten Jahren immer mehr zurück und überließ mir die Verantwortung. Es war eigentlich ein kontinuierlicher Prozess. Meine Eltern arbeiten immer noch auf unserem Hof mit und stehen mit Rat und Tat zur Seite.

LVN: Wie sehen Sie Ihre Zukunft vor sich?

Andy Schulte: Ich sehe der Zukunft eigentlich positiv entgegen. Ich denke unsere Milch hat einen verdienten guten Ruf und wird auch gerne vom Verbraucher genossen. Es wird noch viele Höfe geben, die leider aufgeben müssen und nicht weiter wirtschaften können. Aber vor allem in den vergangenen Monaten habe ich mehr und mehr den Eindruck bekommen, dass ein Großteil der Bevölkerung hinter uns Landwirten steht, dass die Bevölkerung gute, hochwertige und regionale Lebensmittel schätzt und möchte.

Doch wir Landwirte werden künftig noch mehr gefordert sein, den Verbraucher in Zukunft besser aufzuklären. Viele Menschen zieht es in die Stadt, nur wenige kennen wirklich landwirtschaftliche Betriebe.

LVN: Seit 2018 arbeiten Sie mit Melkrobotern auf ihrem Hof. Warum war das die richtige Entscheidung für Sie?

Andy Schulte: Die Entscheidung war auf jeden Fall richtig. Unsere Arbeitsflexibilität ist enorm gestiegen. Hier auf dem Hof will keiner zurück zum Melkstand. Gerade mit einer jungen Familie ist es echt schön, nicht mehr an den Melkzeiten gebunden zu sein. Aber auch von der Milchleistungsseite war die Entscheidung gut, wir haben bei den Färsen deutlich höhere Einstiegsleistungen als früher. Wir können auch nicht die Meinung bestätigen, dass der Roboter „ständig anruft“. Klar „meckert“ er auch mal, aber viele Dinge kann man selbst erledigen. Und wenn wir doch mal Unterstützung brauchen, haben wir starke Partner an der Seite, die im Notfall schnell vor Ort sind.

LVN: Wie erkennen Sie, dass sich Ihre Rinder wohl fühlen?

Andy Schulte: Eine gesunde und fitte Kuh erkennt man daran, dass sich die Kuh einfach wohlfühlt. Denn nur eine gesunde Kuh gibt hochwertige Milch und das jahrelang. Eine gesunde Kuh erkennt man an vielen Aspekten. Wenn wir in den Stall kommen ist die Kuh interessiert. Sie spitzt sofort die Ohren, sie riecht und leckt. Eine gesunde Kuh hat keine Angst, wenn eine vertraute Person durch die Herde geht. Sie rennt nicht weg, liegt gerne in den Buchten, frisst viel und oft und kaut gerne wieder. Bei uns wird all das, was wir mit unseren Augen sehen, auch technisch unterstützt. Am Computer überwachen wir die Wiederkauaktivität, die Bewegungsaktivität, die Eutergesundheit und die Anzahl der Melkungen bzw. die Besuche im Roboter und vieles mehr rund um die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Tiere. Eine gesunde fitte Kuh sucht gerne den Roboter auf. Eine kranke Kuh sticht sofort aus der Herde heraus!

LVN: Was tun Sie konkret auf Ihrem Hof für das Wohl der Tiere?

Andy Schulte: Wir tun viel für das Wohl unserer Tiere. Wir achten stets auf frisches und hochwertiges Futter, saubere Tränken, weiche Liegeplätze und Hygiene im Stall. Wir bieten unseren Kühen beim Abkalben einen großen und gut eingestreuten Strohbereich, wo sie je nach Alter der Kuh auch nach der Kalbung einige Tage bleiben. Beim Bau des neuen Kuhstalls haben wir besonders viel Wert auf viel Bewegungsfreiraum und ein großes Luftvolumen mit viel Licht gelegt. Außerdem sind im Kuhstall Kratzbürsten installiert, die unsere Kühe gern und oft nutzen. Auch auf frische, kühle Luft wird immer geachtet, denn gerade im Sommer leiden die Tiere unter Hitzestress. Um Stress zu vermeiden, achten wir auf einen ruhigen Umgang mit den Tieren. Wir investieren viel Zeit mit der Beobachtung der Tiere. Schauen uns zu unterschiedlichen Tageszeiten an, ob es allen Tieren gut geht. Um Fortschritte in punkto Tierwohl nicht zu verpassen, bilden wir uns regelmäßig weiter. Wir nehmen oft an Tagungen teil und investieren in neue Entwicklungen, damit es unseren Tieren gut geht.

LVN: Welche neuen Projekte wollen Sie kurz- und mittelfristig in Angriff nehmen, um die Zukunftsfähigkeit des Hofes zu gewährleisten?

Andy Schulte: Wir haben vor eineinhalb Jahren einen neuen Kuhstall angebaut und sind gut aufgestellt für die Zukunft. Außerdem haben wir gerade unseren Kälberstall erweitert und umgebaut, sodass die Kälber noch mehr Platz haben und auch nach draußen können. In Zukunft werden wir noch mehr an unserer Effizienz arbeiten. Es wird eher schwierig werden, unseren Hof noch zu erweitern. Die Baugenehmigungen dafür erhalten wir wahrscheinlich nicht, aufgrund des Emissionsschutzes. Momentan überlegen wir uns, die Photovoltaikanlage auch für den Eigenverbrauch zu nutzen. Man kann glaube ich nie sagen: „So wie es jetzt ist, bleibt es die nächsten Jahre“, weil man, denke ich, immer wieder etwas modernisiert oder umbaut, um es auch arbeitswirtschaftlich einfacher und effizienter zu gestalten. Gerade die Melkroboter haben uns gezeigt, dass Digitalisierung und Technisierung große und hilfreiche Themen sind und bleiben werden.

LVN: Sie züchten Rinder und haben für Ihre Zucht schon viele Preise gewonnen. Warum ist Ihnen die Zucht wichtig?

Andy Schulte: Die Zucht ist für uns ein sehr wichtiger Bestandteil unseres Betriebes mit unseren Tieren. Tiere züchten bedeutet für uns gesunde und lang lebende Tiere auf dem Hof zu halten. Unsere Zuchttiere haben uns in den vergangenen Jahren gezeigt, was alles möglich ist. Der große Züchter mit Leib und Seele war mein Vater, der die Herde zu dem gemacht hat, was sie heute ist. Ich persönlich finde es immer schön zu sehen, wie die Zucht uns hilft, die Gesundheit unserer Tiere stetig zu verbessern und unsere Tiere so lang wie möglich bei uns zu behalten.

LVN: Warum sind Sie gern Milchbauer?

Andy Schulte: Ich bin gerne Milchbauer, weil es einfach toll ist zu sehen, was unsere Mädels können. Es fasziniert mich, dass es eine Kuh schafft, aus Rohstoffen wertvolle Milch zu produzieren. Es ist kein Tag wie der andere. Arbeit auf dem Feld, zwischen den Tieren, auf dem Hof und auch im Büro: Die große Abwechslung macht den Beruf für mich sehr wertvoll.

Den Betriebsspiegel des Hofes Schulte finden Sie auf unserer Homepage.

LVN/Rittershaus/Licher

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