Einsatz autogener Impfstoffe zur Immunisierung gegen BTV-3

Seuchenlage

28. März 2024

Das Virus der Blauzungenkrankheit wird durch blutsaugende Mücken der Gattung Culicoides (Gnitzen) übertragen. Die Seuche tritt saisonal verstärkt zwischen Frühjahr und Herbst insbesondere bei feuchtwarmem Wetter auf.

Nachdem im September 2023 erstmals Infektionen mit dem Virus der Blauzungenkrankheit des Serotyps-3 (BTV-3) bei Schafen in den Niederlanden festgestellt wurden, erfolgte eine sehr schnelle Ausbreitung über das ganze Land, insbesondere in Richtung Osten. Während bei Rindern eher milde klinische Symptome auftraten, teilweise jedoch deutliche Leistungsrückgänge verzeichnet wurden, starben über 50.000 Schafe und Ziegen bzw. mussten euthanasiert werden.

Im Oktober 2023 wurden die ersten Infektionen mit BTV-3 bei Schafen in Nordrhein-Westfalen festgestellt, kurz darauf kam es zu ersten Nachweisen von BTV-3-Infektionen bei Schafen in Niedersachsen. Mit Stand vom 14.03.2024 wurden 34 Ausbrüche in Niedersachsen gemeldet, davon drei in Schaf- und 31 in Rinder haltenden Betrieben.

Aktuelle Informationen zur Tierseuchenlage können dem „TierSeuchenInformationsSystem“ (TSIS) unter diesem Link entnommen werden.

Für das Frühjahr 2024 erwartet das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) eine ebenso schnelle Ausbreitung des Virus, wie im Rahmen des Seuchengeschehens der Blauzungenkrankheit vom Serotyp 8 (BTV-8) zwischen 2006 bis 2009 zu beobachten war. BTV-8 breitete sich in Deutschland sehr schnell flächendeckend aus. In der Folge kam es zu sehr hohen Tierverlusten und großem Tierleid. Erst die Notzulassung eines Impfstoffs im Jahr 2008 und die Einführung einer Pflichtimpfung führte zu einem deutlichen Rückgang der Ausbrüche und schließlich zur Eradikation des Virus.

Impfung

Ein zugelassener Impfstoff gegen BTV-3 ist zurzeit noch nicht verfügbar, um BTV-empfängliche Tiere wirksam schützen zu können. Es sollen sich Impfstoffe gegen BTV-3 in der Entwicklung befinden, jedoch liegen aktuell keine Informationen über einen konkreten Zulassungszeitpunkt vor. Außerdem bleibt fraglich, ob bzw. wie viele Impfdosen zeitnah für Niedersachsen bereitgestellt werden könnten. Daher wird auf die Möglichkeit der Anwendung eines autogenen Impfstoffs (ähnlich dem früheren „bestandsspezifischen Impfstoff“) hingewiesen.

Aus einem Virusisolat, das aus einem Virusnachweis in einem BTV-3-Ausbruchsbetrieb der gleichen epidemiologischen Einheit stammt, kann ein autogener Impfstoff hergestellt werden. Ein solcher Impfstoff kann in wenigen Wochen zur Verfügung gestellt werden.

Das Tierarzneimittelrecht der EU in Verbindung mit dem EU-Tiergesundheitsrecht eröffnet seit 2022 die Möglichkeit, autogene Impfstoffe in Betrieben einzusetzen, aus denen die Virusisolate zwar nicht isoliert wurden, die jedoch zur selben epidemiologischen Einheit gehören oder eine gesicherte epidemiologische Verbindung zu dem Ausbruchsbestand aufweisen, aus dem das Impfvirus stammt. Die „epidemiologische Einheit“ ist dabei eine Gruppe von Tieren, bei denen die Wahrscheinlichkeit, dass sie einem Seuchenerreger ausgesetzt sind, gleich hoch ist. Da ganz Niedersachsen als nicht frei in Bezug auf Infektionen mit BTV gilt und für dieses Geschehen als eine epidemiologische Einheit zu werten ist, trifft dies auf sämtliche empfängliche Bestände in Niedersachsen zu.

Autogene Impfstoffe müssen für die jeweils zu impfenden Tiere eines Betriebs bestellt und abgefüllt werden. Von der Verschreibung durch die Tierärztin bzw. den Tierarzt bis zur Impfung der Tiere vergehen etwa sechs bis acht Wochen. Die Herstellungserlaubnis eines Herstellers liegt nunmehr vor, sodass tierärztliche Verschreibungen an die Herstellungsfirma gesendet werden können.

HI-Tier

Um die Nachvollziehbarkeit der durchgeführten Impfungen gewährleisten zu können, sollen die Impfungen in der HI-Tier-Datenbank von der/dem verschreibenden bzw. impfenden Tierärztin/Tierarzt eingetragen werden. Zudem würde eine Härtebeihilfe, über deren Gewährung noch beschlossen werden muss, nur dann gezahlt, wenn diese in die HI-Tier-Datenbank eingetragen wurde. Aktuell ist noch offen, ob und in welcher Höhe die Niedersächsische Tierseuchenkasse eine Härtebeihilfe leisten wird.

Verbringungen

Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass nach Auffassung der EU-Kommission der Einsatz von autogenen Impfstoffen keine Möglichkeit eröffnet, BTV-3 empfängliche Tiere ohne vorherige PCR-Untersuchung und Behandlung mit Repellentien in freie Zonen zu verbringen. Entsprechende Handelserleichterungen sind demnach nicht zu erwarten.

Im Vordergrund steht daher der gebotene Schutz der Tiere, v. a. der Schafe und Ziegen, vor ernsthaften Erkrankungen und dem Tod durch Infektion. Der Blickpunkt des Einsatzes autogener BTV-3-Impfstoffe ist daher eine Immunisierung von Schaf- und Ziegenbeständen.

Eine Impfung BTV-3-empfänglicher Tiere ist nicht vorgeschrieben, Tierhalterinnen bzw. Tierhalter müssen jedoch beachten, dass ein zugelassener statt eines autogenen Impfstoffs anzuwenden ist, wenn ein zugelassener Impfstoff verfügbar ist.

Ergeben sich aktuellere Informationen, werden Ihnen diese zeitnah übermittelt.

ML Nds/LVN

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